Istrĭen

Istrĭen

Istrĭen, Markgrafschaft (s. Karte »Krain-Küstenland«), bildet eine Halbinsel im Adriatischen Meer, die nach S. zu in eine Spitze ausläuft und im N. an das Gebiet von Triest, an Görz und Krain, im O. an Fiume und Kroatien sowie an den Quarnerobusen, im S. und W. an das Adriatische Meer, im NW. an den Golf von Triest grenzt. Mit den dazugehörigen südöstlich gelegenen Quarnerischen Inseln (Veglia, Cherso, Lussin) hat I. eine Fläche von 4956 qkm (90 QM.) mit (1900) 345,050 Einw. und macht mit der gefürsteten Grafschaft Görz und Gradisca und dem Gebiet von Triest das sogen. Österreichisch-illyrische Küstenland (s. Küstenland) aus. Das Wappen von I. ist eine rotbewehrte goldene Ziege im blauen Felde (s. Tafel »Österreichisch-Ungarische Länderwappen«, Fig. 16). Die Landesfarben sind Gelb, Rot u. Blau.

I. bewohnten im 3. Jahrh. v. Chr., da mit dem Vordringen der Römer die erste geschichtliche Kunde über diese Gebiete uns zukommt, thrakische und keltische Seeräuber, gemeinsam als »Istrer« bezeichnet, ferner die keltischen Japyden und auf den Inseln die Liburner. Diese wurden schon nach dem illyrischen Kriege 229 v. Chr. Bundesgenossen der Römer; das eigentliche I. wurde 177, Japydien 129 und Liburnien 50 v. Chr. von Rom unterworfen (s. die Karte bei Artikel »Italia«). In den Bürgerkriegen zwischen Cäsar und Pompejus und den folgenden Kämpfen bis zur Schlacht bei Aktion (31 v. Chr.) spielte I. eine wichtige Rolle; dann folgte eine mehrhundertjährige glänzende Entwickelungszeit für I., in der besonders die Städte Pola und Scardona durch Reichtum und Pracht blühten. Nach dem Untergange des weströmischen Kaiserreiches gehörte I. zum Reich Odoakers (476–489), dann zum Reiche der Ostgoten, seit 539 durch 200 Jahre zum Oströmischen Reich; in dieser Zeit, seit ca. 600, erfolgten die vielfachen Einbrüche von Slawen und Avaren, die den Niedergang der Halbinsel bewirkten.

Istros. (Relief der Trajanssäule in Rom.)
Istros. (Relief der Trajanssäule in Rom.)

Von 752–773 war I. im Besitz der Langobarden, und nach kurzer byzantinischer Herrschaft seit 789 unter fränkischer Oberhoheit. 952 übergab es Otto I. an Bayern, 976 Otto II. an Kärnten; später bildete es ein Lehen der Eppensteiner, dann der Sponheimer und seit 1173 der Herren von Andechs-Meran. Früher in Feindschaft, standen seit 1149 Pola und die übrigen istrischen Städte in einem Tribut- und Abhängigkeitsverhältnis zu Venedig, konnten aber dadurch um so leichter ihre großen Handelsbeziehungen entwickeln. 1209 fiel I. als Lehen an das Patriarchat von Aquileia, doch nur die sogen. Mark I., die Grafschaft I. mit dem Hauptort Pisino kam in den Besitz der Grafen von Görz. Die Patriarchen gerieten in Kämpfe mit den istrischen Städten, die sich z. T. an Venedig anschlossen, Pola als eine der letzten 1331. Die Grafschaft I. fiel laut Erbfolgevertrag 1374 an die Habsburger, die das Gebiet aber zumeist verpfändeten oder verpachteten. Zum österreichischen I. gehörte später die Grafschaft Mitterburg mit der Herrschaft Castua, und auch das Litorale mit der Hauptstadt Triest wurde dazu gerechnet. Das vom österreichischen I. durchschnittene venezianische I. umfaßte Monfalcone, Grado, Capo d'Istria, Pola, Parenzo, Rovigno, Umago, Albona, Fianona und andre Städte, überhaupt den größten Teil der Halbinsel. Nach dem Frieden von Campo Formio (1797) besetzte Österreich auch den venezianischen Teil des Landes, zu dem noch mehrere venezianische Besitzungen geschlagen wurden. Im Frieden von Preßburg (1805) wurde I. an Napoleon abgetreten, der es zum Königreich Italien schlug. 1808 ernannte Napoleon den Marschall Bessières zum Herzog von I. Nach dem Kriege 1809 vereinigte Napoleon ganz I. mit Triest und Görz zur Intendenza d'Istria, einer der sieben illyrischen Provinzen des französischen Kaiserreiches. 1813 wurden die beiden Gebiete von den Österreichern zurückerobert, und seit 1815 bildet I. wieder einen Teil der österreichischen Monarchie, wo sich, namentlich in der jüngsten Zeit, Kroaten und Italiener aufs schärfste befehden. Vgl. »Istrien. Historischgeographische und statistische Darstellung der Istrischen Halbinsel« (Triest 1863); Amati und Luciani, L'Istria sotto l'aspetto fisico, etnografico, amministrativo, storico e biografico (Mail. 1867); Benussi, Manuale di geografia dell' Istria (Triest 1877); »I. Ein Wegweiser längs der Küste« (das. 1878); »Die Österreichisch-Ungarische Monarchie in Wort und Bild«, Bd. 10: Das Küstenland (Wien 1891); Franchetti, L'Istria, note storiche (Parenzo 1879); Combi, Istria. Studi storici e politici (Mail. 1886); Benussi, L'Istria sino ad Augusto (Triest 1883) und nel medio evo (Parenzo 1897).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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