- Rapp
Rapp. 1) Georg, Stifter der religiösen Gemeinschaft der Harmoniten (Harmonisten) in Nordamerika, geb. 1757 im Württembergischen, gest. 7. Aug. 1847, geriet unter mystischen Einfluß, wanderte 1803 mit Gleichgesinnten zur Herstellung einer apostolisch organisierten Gemeinde nach Amerika aus, wo er 1804 bei Pittsburg eine Kolonie gründete, unter deren Bewohnern völlige Gleichheit, Gütergemeinschaft und Ehelosigkeit herrschten. 1823 verkaufte er die 1814 erbaute Stadt New Harmony in Indiana an Robert Owen und gründete am Ohio die Kolonie Economy als Hauptsitz der Harmoniten. Jede Familie erhielt ein Haus mit Garten; jeder Erwachsene aber mußte im Sommer 12, im Winter 14 Stunden auf dem Feld oder in den Manufakturen arbeiten. So ward die Gesellschaft bald ausschließlich ein Verein für industrielle Zwecke und Betreibung des Ackerbaues. Schweren Schaden erlitt sie durch den Betrüger Bernhard Müller, der sich unter dem Namen Proli oder Graf Leon 1831 an R. anschloß, ihn dann aber mit 300 Anhängern verließ, mit denen er zur Aufrichtung des tausendjährigen Reiches die Neujerusalemsgemeinde in Philippsburg stiftete. Rapps Nachfolger als Oberhaupt, Prophet und Diktator der Harmoniten ward der Kaufmann Becker, nach diesem seit 1871 Heinrici. 1903 hat sich die sehr zusammengeschmolzene Gemeinschaft durch Verkauf ihres Besitztums aufgelöst. Vgl. Wagner, Geschichte der Harmoniegesellschaft (Vaihingen 1833); v. Bonnhorst, Der Abenteurer Proli (Frankf. 1834); Nordhoff, Communistic societies of the United States (Lond. 1875); Palmer, Die Gemeinschaften und Sekten Württembergs (Tübing. 1877); Knortz, Die christlich kommunistische Kolonie der Rappisten (Leipz. 1892).
2) Jean, Graf von, franz. General, geb. 26. April 1771 in Kolmar, gest. 8. Nov. 1821 auf seinem Gute Rheinweiler bei Baden, trat 1788 in ein französisches Kavallerieregiment, machte die Feldzüge amRhein und als Adjutant Desaix' die Feldzüge in Italien und nach Ägypten mit und ward 1801 Adjutant des Ersten Konsuls. 1805 erwarb er sich bei Austerlitz den Rang eines Divisionsgenerals. Nach Danzigs Fall erhielt er das Kommando dieser Festung. Nach der Schlacht bei Aspern ward er zum Grafen ernannt. 1813 verteidigte R. Danzig, bis ihn Mangel an Proviant und Munition im Januar 1814 zur Kapitulation nötigte. Während der Hundert Tage nahm R. von Napoleon das Kommando der Rheinarmee an, schloß aber bei Straßburg mit den Verbündeten einen Waffenstillstand ab. Darauf zog er sich auf das Gut Wildenstein im Kanton Aargau zurück. 1818 ernannte ihn Ludwig XVIII. zum Pair und Obersthofmeister. 1853 wurde ihm in Kolmar eine Statue errichtet. Außer einer Beschreibung der Belagerung von Danzig hinterließ er »Mémoires« (Par. 1823, neue Ausg. 1895; deutsch, Danzig 1824 u. Leipz. 1902). Sein Leben beschrieb Spach im 1. Band der »Œuvres choisies« (Straßb. 1866) und im 5. Band der »Biographies alsaciennes« (Nancy 1871).
3) Wilhelm, deutsch-amerikan. Journalist und Politiker, geb. 14. Juli 1828 zu Lindau in Bayern, studierte Theologie, nahm an der freiheitlichen Bewegung von 1848/49 lebhaften Anteil, saß ein Jahr auf dem Asperg und wirkte dann in Graubünden als Lehrer. 1851 siedelte er nach Amerika über, redigierte die »Turnzeitung« und übernahm 1857 die Leitung des Baltimorer »Wecker«, die er in so entschieden republikanischem Sinne führte, daß der rebellenfreundliche Pöbel das Geschäftslokal stürmte, wobei R. mit knapper Not entrann. Nach fünfjähriger Tätigkeit an der »Illinois-Staatszeitung« in Chicago kehrte er 1866 an den »Wecker« zurück, wirkte 1870 mit Erfolg für den Fonds, der für die deutschen Verwundeten in Amerika zusammengebracht wurde, und ging 1872 von neuem an die »Illinois-Staatszeitung«, deren Chefredakteur er seit 1891 ist. Hauptsächlich seiner kräftigen Leitung verdanken die Deutschen in Illinois und Wisconsin ihren 1890 errungenen Sieg für ihre Sprache und Schule. Er schrieb: »Erinnerungen eines Deutsch-Amerikaners an das deutsche Vaterland« (Chicago 1890).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.