- Babiten
Babiten (Babis), eine geheime Sekte in Persien. Ihr Stifter war ein Jüngling aus Schiraz, Mirza Ali Mohammed, der, um 1820 geboren, um 1844 als Reformator des Islam auftrat und sich Bab (»Pforte«) nannte, weil man durch ihn zu Gott gelange. Er fand durch Beredsamkeit, namentlich aber durch Frömmigkeit und musterhaften Wandel bald zahlreiche Anhänger. Als die persische Regierung auf Anstiften der Geistlichkeit gegen die Sektierer vorging, setzten sich diese zur Wehr. Zuerst wütete der Kampf in Chorasan und dann in Masenderan, beim Orte Scheich Tebersi, wo sich die B. 1848 verschanzt hatten, bis zum Sommer 1849 hielten und nach der Übergabe sämtlich hingerichtet wurden. Das gleiche Schicksal traf Ali Mohammed 8. oder 9. Juli 1850 zu Tebriz. Ein am 15. Aug. 1852 von einigen B. verübtes Attentat auf den Schah Naßir ud-din veranlaßte wiederholte grausame Verfolgungen, welche die B. unter Mirza Jahja veranlaßten, ihren Hauptsitz nach Bagdad zu verlegen. Von dort wurden ihre Führer nach Konstantinopel, Adrianopel und schließlich nach Famagusta auf Cypern gebracht. Die beiden Söhne Mirza Jahjas wurden, als sie sich wegen der Nachfolge entzweiten, der eine, Subh-i Azal, auf Cypern, der andre, Beha Ullah, zu Akka in Syrien interniert. Letzterer galt als Chef der Sekte und starb 16. Mai 1892. Obwohl so gewaltsam unterdrückt, blüht die Sekte im geheimen üppig weiter; doch ist die Ermordung Naßir ed-dins (1. Mai 1896) durch Mirza Mohammed Riza wahrscheinlich nicht auf ihre Rechnung zu setzen. Die Lehre der B. (Babismus) ist ein erneuerter pantheistischer, mit gnostischen und kommunistischen Elementen versetzter Sufismus. Sie gibt sich als eine Vollendung des Korans, in dessen allegorischer Deutung sie an schiitische Sekten anknüpft. Ebenso hat sie mit diesen die Emanationstheorie gemeinsam, wonach der Gottesgeist sich in den Propheten stufenweise offenbart. Der Bab steht höher als Mohammed, wie dieser höher als Christus stand. Er schreibt weniger Gebete vor und verhält sich den islamitischen Reinheitsgesetzen gegenüber gleichgültig. Das weibliche Geschlecht darf ohne Schleier am bürgerlichen Leben teilnehmen. Bezüglich der Getränke und Speisen besteht nur das Verbot von Wein und Opium. Der Babismus entspricht dem kritischen Geist der Neuperser weit mehr als der Islam, und die jetzt sich verbergende Sekte dürfte dereinst noch eine große Rolle zu spielen berufen sein. Vgl. Gobineau, Les religions et les philosophies dans l'Asie centrale (3. Aufl., Par. 1900); Huart, La religion de Bab (das. 1889); Browne: A traveller's narrative written to illustrate the episode of the Báb (persischer Text mit engl. Übersetzung, Cambr. 1891, 2 Bde.), New History of Mirza Ali Muhammed the Báb by Mirza Huseyn of Hamadan (engl. Übersetzung, das. 1893) und Account of the Babi movement in Persia (das. 1896); de Morgan, Mission scientifiqueen Perse (Par. 1894); Andreas, Die Babis in Persien (Leipz. 1896); Tumansky, Kitâbi Aqdes (in den »Mémoires« der russischen Akademie der Wissenschaften, 8. Reihe, Bd. 3.).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.