Nichtigkeitsklage

Nichtigkeitsklage

Nichtigkeitsklage, Bezeichnung für jede auf Nichtigkeitserklärung eines Rechtsgeschäftes gerichtete Klage. Nach der deutschen Zivilprozeßordnung versteht man unter N. eine der Klagen, die eine Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil abgeschlossenen Verfahrens (s. d.) bezwecken. Eine solche N. ist nach § 579 gegeben, wenn 1) das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2) wenst ein kraft Gesetzes ausgeschlossener Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, 3) wenn ein abgelehnter Richter mitgewirkt hat, nachdem das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt worden ist, 4) wenn eine Partei nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozeßführung genehmigt hat. Zuständig für die N. ist das Gericht, welches das angefochtene Urteil erlassen hat. Sie ist vor Ablauf eines Monats, nachdem die Partei von dem Anfechtungsgrunde Kenntnis erhalten hat, zu erheben und ist unter allen Umständen nach Ablauf von fünf Jahren seit Rechtskraft des Urteils ausgeschlossen. Wird die N. für statthaft gefunden, so ist in der Sache, soweit sie von dem Anfechtungsgrunde betroffen wird, von neuem zu verhandeln. Eine weitere N. kennt die Zivilprozeßordnung in Ehesachen, durch sie wird die Nichtigkeit der Ehe (s. d., S. 405) geltend gemacht. Sie kann bei Vorliegen eines Nichtigkeitsgrundes von jedem Ehegatten sowie vom Staatsanwalt erhoben werden, von einem Dritten nur, wenn für ihn von der Nichtigkeit der Ehe ein Recht oder von der Gültigkeit der Ehe eine Verpflichtung abhängt, oder wenn einer der Ehegatten zur Zeit der Eheschließung mit einem Dritten in gültiger Ehe lebte. Vgl. auch Eherecht, S. 406 s. (VI. Verfahren in Ehesachen). Die österreichische Zivilprozeßordnung kennt von den angeführten Nichtigkeitsgründen »nur die, das ein unfähiger Richter mit entschieden hat, und daß eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war« (§ 529). Das deutsche Patentgesetz (§ 10, 13, 28 ff.) kennt gleichfalls eine N., durch die bei dem Erfinderpatent die gänzliche oder teilweise Nichtigkeit eines Patents beantragt wird, weil der Gegenstand nicht patentfähig war, weil die Erfindung bereits Gegenstand des Patents eines frühern Anmelders war, oder weil ein Erfindungsdiebstahl vorliegt, d.h. daß der wesentliche Inhalt der Anmeldung den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines andern oder einem von diesem angewendeten Verfahren widerrechtlich entnommen ist. Das Verfahren wird nur auf Antrag des Verletzten eingeleitet, der gleichzeitig eine Gebühr von 50 Mk. zu zahlen hat. Das Patentamt (Nichtigkeitsabteilung) fordert hierauf den Patentinhaber unter Mitteilung des Antrags auf, sich hierüber innerhalb eines Monats zu erklären. Gibt der Patentinhaber keine Erklärung ab, so kann ohne weiteres nach Antrag entschieden werden. Widerspricht der Patentinhaber rechtzeitig, so trifft das Patentamt die zur Aufklärung der Streitsache notwendigen Anordnungen, vernimmt Zeugen und Sachverständige, hört die Beteiligten und erläßt dann seine Entscheidung. Gegen diese ist die Berufung an das Reichsgericht zulässig, die binnen 6 Wochen nach Zustellung der Entscheidung beim Patentamt schriftlich einzulegen und zu begründen ist. Der Berufungsbeklagte muß spätestens ein Monat, nachdem ihm die Berufungsschrift zugestellt worden ist, seine Gegenerklärung beim Patentamt einreichen. Hierauf legt das Patentamt das gesamte, bisher erwachsene Aktenmaterial dem Reichsgericht vor, das nach Anhörung der Parteien, der Rechtsvertreter und technischen Beistände der Parteien sein Urteil fällt. Vgl. Patentgesetz, § 10, 14, 28 ff.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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