- Manīla
Manīla, Hauptstadt der Insel Luzon und der Philippinen, am Ostufer der nach ihr benannten prächtigen Bai (s. die Textkärtchen, S. 226, und Karte »Hinterindien«), in die der Pasig mündet, unter 14°35' nördl. Br., mit (1899) 302,154 Einw. (Tagalen, Mestizen, Spanier und etwa 30,000 Ausländer, meist Chinesen). Die meisten Häuser sind wegen der häufigen Erdbeben aus Holz (nur das Erdgeschoß aus Stein), aber deshalb zu schwach gegen Zyklone; der letzte (1882) verwüstete in einer Stunde die halbe Stadt. M. besteht aus der innern, allen, von moosbewachsenen Ringmauern uno versumpften Wallgräben umgebenen innern Stadt und den durch eine Stein- und eine eiserne Hängebrücke mit dieser verbundenen Vorstädten.
Erstere, am linken Ufer des Pasig, hat schnurgerade Straßen, einen Palast des Erzbischofs, ein Rathaus, 10 reichgeschmückte Kirchen, viele Klöster, Hospitäler, Kasernen, ein Observatorium (von den Jesuiten geleitet), eine Universität, mehrere höhere Schulen geistlicher Orden, ein Standbild Karls IV. etc. Die innere Stadt, an die sich die Vororte Ermita, Pago und Malata und das Fort Santiago eng anschließen, ist Sitz des Generalkapitäns, Erzbischofs, obersten Gerichtshofs und hat nur etwa 20,000 Einw.
Die Vorstädte Binondo, Santa Cruz und Tondo am rechten Pasigufer sind Sitze des europäischen, amerikanischen und chinesischen Handelsverkehrs; in der ersten residieren die auswärtigen Konsuln, darunter ein deutscher Berufskonsul, auch befinden sich hier die Kais, die Chinesenstraße La Escuelta mit reichen Läden, Börse, Fabriken; sie ist Hauptsitz des Handels- und Schiffsverkehrs. Dagegen blüht in dem von Mestizen und Fremden bewohnten Tondo der Kleinhandel. Hauptindustrien sind Zigarrenfabrikation und Verarbeitung von Manilahanf; daneben die Verfertigung von Nanking, Flechtarbeiten, Teppichen, Goldschmiedearbeiten und andern Metallwaren; in letzter Zeit sind durch europäische und amerikanische Unternehmer eine Zuckerraffinerie, Maschinenfabriken, Brennereien, eine Zündhölzchen- und eine Farbwarenfabrik entstanden. Der Handel (meist in den Händen von Engländern, Deutschen und Amerikanern) bezifferte sich 1901 bei der Einfuhr auf 30,162,471, bei der Ausfuhr auf 24,503,353 Doll. Die erstere bestand in Baumwollgeweben, Baumwollengarn, Eisen und Eisenwaren, Petroleum, Wirkwaren, Seiden- und Wollwaren, Papier, Kohlen, Kupfer, Reis, Wein, Schirmen etc., die Ausfuhr aus Zucker, Hanf, Tabak, Zigarren, Kopra, Kokosnußöl u. a. Der Handel richtet sich vornehmlich nach England, den Vereinigten Staaten, Japan und China (vgl. auch Philippinen). Große Schiffe müssen 3 km vor der Stadt (bei Cavite) ankern, dort wird an der Vertiefung des Hafens gearbeitet, die unter amerikanischer Herrschaft schneller Vollendung entgegengeht. M. hat eine Handelskammer, zwei englische Banken und die Banco Español Filipino mit 2,5 Mill. Doll. Notenumlauf. Die Verbindung mit den Vereinigten Staaten wird hergestellt durch die Pacific Mail Steamship Co., die Occidental and Oriental Steamship Co. und die Tokio Kuren Kaischa, die M. je einmal monatlich anlaufen. Eine Eisenbahn führt von M. nach Dagupau (192km), ein Telegraphenkabel verbindet es mit Hongkong. Von Unterrichtsanstalten besitzt M. eine Universität, mehrere höhere Schulen, ein Lehrerseminar für Eingeborne, eine Sternwarte, ein bürgerliches und militärisches Hospital. Das Klima ist trotz seiner Feuchtigkeit gesund (Durchschnittstemperatur 27°, Maximum 30°, Minimum 26°), Cholera und Pest aber haben in den letzten Jahren zahlreiche Opfer gefordert. Zyklone und Erdbeben haben die Stadt, die bereits 1571 von den Spaniern gegründet wurde, wiederholt schwer heimgesucht. Das Wappen von M. (s. Abbildung) ist quer geteilt; oben in Rot ein silbernes Kastell, über dem die spanische Königskrone schwebt, unten im Wasser ein goldener, schwertschwingender Seelöwe.
Geschichtliches. Die Stadt ward 1572 von Legazpi begründet, 1590 als Festung ausgebaut, brannte aber 1603 zu einem Drittel nieder. Sie war von Anfang an Sitz der höchsten Behörden. 1643 wurde sie von den Holländern, später wiederholt von asiatischen Piraten und aufständischen Eingebornen bedroht, aber niemals eingenommen. Dagegen hatte sie häufig durch Brände, Erdbeben und Stürme zu leiden. Am 1. Mai 1898 erzwang der amerikanische Kommodore Dewey die Einfahrt in die Bucht von M., zerstörte die bei dem Arsenal von Cavite zusammengezogene, aus alten Schiffen bestehende spanische Flotte und blockierte M. von der Seeseite, während die verbündeten Filipinos sie von der Landseite einschlossen, so daß die spanische Besatzung 13. Aug. 1898 kapitulieren mußte. Auch während der Kämpfe, die bald zwischen den Amerikanern und den Filipinos ausbrachen, wurde M. wiederholt von letztern angegriffen, bis die Gefangennahme Aguinaldos den Mut der Angreifer brach (s. Philippinen).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.