- Mac Kinley-Bill
Mac Kinley-Bill, das auf energisches Betreiben von W. Mac Kinley (s. d.) in den Vereinigten Staaten von Nordamerika 1890 eingeführte Gesetz, durch das die Zollsätze für ausländische, in Amerika eingeführte Waren im allgemeinen erhöht und an die Stelle der frühern neue Vollzugsvorschriften »behufs Vereinfachung« der auf die Zollerhebung bezüglichen Bestimmungen gesetzt wurden. Die M. zerfällt in zwei selbständige Teile: die Mac Kinley Administrative-Bill (vom 10. Juni 1890) und die Mac Kinley Tariff-Bill (vom 1. Okt. 1890). Der erste Teil bezweckt namentlich den bis dahin in großem Umfang geübten Zolldefraudationen der amerikanischen Importeure durch strenge Vorschriften über die Ausfüllung der Frachtbriefe, Fakturen etc., ferner den Bestechungen der Zollbeamten und der verschiedenartigen Zollbemessung ein Ende zu machen; auch sollten dadurch die zahlreichen Berufungen gegen die amtlichen Zollbemessungen beseitigt oder eingeschränkt werden. Der zweite Teil bezweckt namentlich, die Einfuhr aus Frankreich, England, Deutschland und Österreich-Ungarn, die 1889 etwa 337 Mill. Doll. betragen hatte, zu beschränken, einesteils um die inländische Industrie zu schützen, andernteils um die Zolleinnahmen, die seit Jahren das finanzielle Bedürfnis der Vereinigten Staaten bedeutend überstiegen und Schwierigkeiten zu bereiten anfingen, zu verringern. Es wurden zwar mehrere Artikel, die in Amerika nicht oder nicht in gleicher Weise hergestellt werden, vom Zoll befreit, bez. mit niedrigern Zöllen belegt, dafür aber bei zahlreichen andern Waren die Zölle so sehr erhöht, daß deren Einfuhr sehr erschwert wurde. Durch den neuen Zolltarif ist in der Tat die Ausfuhr vieler europäischer Produkte gehemmt worden; namentlich hatten in Deutschland die Textilindustrie (Sachsen), die Spirituosen- und Papierwarenbranche zu leiden. Mehr noch als Deutschland war Frankreich, das bis dahin 9,43 Proz. der amerikanischen Gesamteinfuhr gestellt hatte, durch dieses Zollgesetz getroffen. Auch sind unter dem Zollschütze mehrere Industrien in den Vereinigten Staaten neu entstanden. Doch haben sich die extremen, an das Gesetz geknüpften Befürchtungen nicht erfüllt; die Einfuhr hat nicht vollständig aufgehört, sondern nur einen im ganzen mäßigen Rückgang erfahren. Infolge des erschütternden Eindrucks, den der Erlaß der M. in den am schwersten gefährdeten europäischen Staaten hervorrief, fand der Gedanke, im Wege der Repression durch Bildung einer europäischen Zollunion gegen Amerika vorzugehen, zunächst außerordentlichen Anklang, wurde aber bald infolge der mit dem Projekt zusammenhängenden Schwierigkeiten wieder aufgegeben. Nach dem Sieg der demokratischen Partei 1893 wurde die M. im Juni 1894 einer gründlichen Revision unterzogen und 28. Aug. ein neues Tarifgesetz mit wesentlich ermäßigten Sätzen erlassen. Als aber die Präsidentenwahl von 1896 mit dem Siege Mac Kinleys die schutzzöllnerische republikanische Partei neuerdings aus Ruder brachte, erfolgte eine Rückkehr zum extremen Schutzzoll mit zum Teil noch höhern Sätzen als früher, die in der sogen. Dingley-Bill vom 24. Juli 1897 ihren Ausdruck fand (s. Dingley).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.