- Möser
Möser, 1) Justus, deutscher Publizist, geb. 14. Dez. 1720 in Osnabrück, gest. 8. Jan. 1794, studierte 1740–42 in Jena und Göttingen die Rechte, wurde 1742 in seiner Vaterstadt Sekretär der Landstände und zwei Jahre später Rechtsanwalt. Wegen seines redlichen Freimuts und seines energischen Auftretens gegen die Willkürlichkeiten des damaligen Statthalters von Osnabrück zum Advocatus patriae, d.h. zum Anwalt des Staates in Rechtsstreitigkeiten, ernannt, vertrat er seit 1755 zugleich als Syndikus die Rechte der Ritterschaft und milderte die Schädigung des Landes durch den Siebenjährigen Krieg in ihren Folgen. 1763 nach London geschickt, um die Zahlung der englischen Subsidiengelder für die Alliierten zu betreiben, bewährte M. auch hier sein hohes staatsmännisches Geschick und eignete sich damals eine gründliche Kenntnis der englischen Institutionen und des britischen Volkscharakters an. Als der König Georg III. seinen minderjährigen Sohn Friedrich zum Bischof des ihm 1611 zugefallenen Stifts Osnabrück ernannte, wurde M., seit 1768 Geheimer Referendar, bis 1783 die Seele der gesamten Landesverwaltung, hatte aber mit ungemeinen, in den eigent üm lichen Verhältnissen von Osnabrück begründeten Schwierigkeiten zu kämpfen. In dem kleinen Ländchen, wo sich viel Altertümliches in Verfassung und Volkssitte erhalten hatte, fand sich ein seltsames Gemisch von Freiheiten und Einschränkungen des öffentlichen Wesens, und die Würdigung dieser Zustände ließ Mosers politische Einsicht zu einer Höhe gelangen, auf der er alle seine deutschen Zeitgenossen überragte. Als Schriftsteller nimmt M. im Fach der Publizistik und Geschichtschreibung eine hervorragende Stellung ein. Er begründete 1766 die »Wöchentlichen Osnabrückischen Intelligenzblätter«, die er bis Mitte 1782 leitete. Aus den für diese Zeit schrift verfaßten Abhandlungen stellte er 1774 eine Auswahl unter dem Gesamttitel: »Patriotische Phantasien« (4. Aufl., hrsg. von seiner Tochter J. v. Voigt, Berl. 1820, 4 Bde.; neue Ausgabe mit Einleitung und Anmerkungen von R. Zöllner, Leipz. 1871, 2 Bde.) zusammen. Diese Aufsätze sind in ihrer Mehrheit unvergleichliche Muster populärer Behandlung der verschiedenartigsten Gegenstände, kleine Meisterwerke voll klarer Gedankenfülle, humoristischer Laune, psychologischen Tiefblicks, politischer und volkswirtschaftlicher Weisheit, gründlichen Wissens und sittlichen Ernstes. Zugleich bekunden die kleinen Abhandlungen ein entschieden künstlerisches Talent ihres Verfassers, wie denn M. auch durch seine gegen Gottsched gerichtete Abhandlung »Harlekin, oder Verteidigung des Grotesk-Komischen« in dem Aufsatz »Über die deutsche Sprache und Literatur« eine sehr klare ästhetische Einsicht an den Tag legt. Am bewundernswürdigsten erscheint er jedoch in der Klarheit und dem divinatorischen Tief- und Scharfblick seiner volkswirtschaftlichen und politischen Überzeugungen. Mitten in den Stürmen des Siebenjährigen Krieges und seinen mühseligen Geschäften entwarf er seine ausgezeichnete »Osnabrückische Geschichte« (Osnabr. 1768, 2 Bde.; 2. umgearb. Aufl., Berl. 1780; 3. Aufl. 1819), auf der die bis in die neueste Zeit verbreitete, neuerdings aber als nicht haltbar erwiesene Vorstellung von der gesellschaftlichen Gliederung der alten Deutschen beruht. Auch als Dichter hat sich M. versucht, doch ist sein Trauerspiel »Arminius« (Hannov. 1749) von Gottschedscher Ästhetik beherrscht. Am 12. Sept. 1836 wurde ein Denkmal Mösers (von Drake) in seiner Vaterstadt aufgestellt. Die sämtlichen Werke Mösers gab Abeken in 10 Bänden (Berl. 1842–44, neue Ausg. 1858) heraus. Vgl. Nicolai, Leben Justus Mösers (Berl. 1797, neue Ausg. als 10. Bd. von Mösers Werken); Kreyssig, Justus M. (das. 1857); Rupprecht, J. Mösers soziale und volkswirtschaftliche Anschauungen (Stuttg. 1892).
2) Albert, lyrischer Dichter, geb. 7. Mai 1835 in Göttingen, gest. 27. Febr. 1900 in Dresden, studierte in seiner Vaterstadt klassische Philologie und ward dann Lehrer der alten Sprachen an der Krauseschen Lehr- und Erziehungsanstalt in Dresden und wirkte hierauf viele Jahre hindurch als Professor am Wettiner Gymnasium daselbst. Wir besitzen fünf größere Gedichtsammlungen von M.: »Gedichte« (Leipz. 1865; 3. Aufl., Hamb. 1890), »Nacht und Sterne« (Halle 1872), »Schauen und Schaffen« (Stuttg. 1881), »Singen und Sagen« (Hamb. 1889), »Aus der Mansarde« (Brem. 1893). In ihnen allen offenbart sich eine tiefe, von Schopenhauer und Darwin beeinflußte Weltanschauung und eine eigenartige Auffassung vom Wesen der Schönheit. Ein Meister der Form im Sinne der Platenschen Verskunst, hat der an Petrarca, Camŏes und Hölderlin herangebildete Dichter insbes. im Sonett und in der Ode Bemerkenswertes geschaffen. Der elegische Grundzug beherrscht alle seine Dichtungen. Aus dem Flämischen übersetzte M. die »Idyllen« (Berl. 1893) und »Neue Idyllen« (Leipz. 1885) von Pol de Mont (s. d.). Außerdem schrieb er die geschichtliche Skizze »Das Dresdener Hoftheater 1862–1869« (Dresd. 1869) und »Meine Beziehungen zu Robert Hamerling und dessen Briefe an mich« (Berl. 1890).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.