Granada [1]

Granada [1]

Granada, Hauptstadt des ehemaligen Königreichs und der jetzigen span. Provinz gleichen Namens (s. oben), liegt am Fuß der Sierra Nevada, 669 m ü. M., am rechten nördlichen Ufer des Genil, mit dem sich hier der Darro vereinigt, an der Eisenbahnlinie Bobadilla-G., zwischen zwei Hügeln, deren südlicher die weltberühmte Alhambra tragt. Um diesen zieht sich die Stadt halbmondförmig herum und sendet ihre Vorstädte noch weit in die Täler des Genil und Darro hinaus. Am Abhang des andern Hügels, auf dem rechten Darroufer liegt der Albaicin, der älteste Stadtteil, der hauptsächlich von den ärmern Volksklassen, insbes. von Zigeunern, bewohnt ist. Am Fuße beider Hügel, zu beiden Seiten des Darro, liegt die Alcazaba, wo ehedem der maurische Adel wohnte, westlich davon die eigentliche Stadt, ganz in der Ebene, welche der hier großenteils überwölbte Darro durchschneidet. Am Nord- und Südrande der Stadt breiten sich die weitläufigen Vorstädte Elvira und Antequeruela aus. Die ältern Häuser haben noch ein halb maurisches Aussehen: platte Dächer, Türmchen mit Balkonen, im Innern Höfe mit Springbrunnen. Im übrigen bildet die jetzige Stadt ein Labyrinth von krummen, engen und unebenen Gassen, obschon der Anblick von G. mit seinen zahllosen Türmen und Kuppeln und der stolz über der Stadt thronenden Alhambra von allen Seiten imposant und prächtig ist. Im maurischen Stil restauriert ist der ehemalige Basar, die Alcaiceria, die zwischen dem Zacatin, der belebtesten Straße, und der Kathedrale liegt. Unter den Plätzen ist der größte der Campo del Triunfo im N. der Stadt, der schönste die Bibarrambla (jetzt Konstitutionsplatz), auf dem zur Maurenzeit die Volksfeste, später die Autodafes stattfanden, und der jetzt den Schauplatz der berühmten Fronleichnamsmesse von G. bildet. G. hat eine Kathedrale nebst 23 Pfarrkirchen, 38 Klöster, einen erzbischöflichen Palast, mehrere Kasernen und schone Promenaden. Die bemerkenswertesten Kirchen sind: die an der Stelle der ehemaligen Hauptmoschee befindliche unvollendete Kathedrale, ein reich ausgeschmückter, fünfschiffiger, 1529 begonnener Bau mit prächtigem gotischen Hauptportal, den Grabmälern Ferdinands und Isabellas sowie Philipps I. und seiner Gemahlin Johanna, Bildern von Ribera und A. Cano und einem 56 m hohen, unausgebauten Turm; die Kirche von San Geronimo mit dem Grabmal des »großen Kapitäns« Gonsalvo de Cordova; die Kirche des ehemaligen Kartäuserklosters u. a. Das merkwürdigste Bauwerk aber ist der maurische Königspalast der Alhambra (s. d. und die Tafel »Architektur VII«, Fig. 3 u. 4). Ein schöner Park trennt diesen von der Stadt und den Torres Bermejas, einer noch ältern maurischen Burg, und auf dem vom Alhambrahügel durch eine Schlucht getrennten östlichen Bergabhang erheben sich die Reste des ehemaligen maurischen Sommerpalastes Generalife. Die Bevölkerung von G. beträgt (1906) 75,900 Seelen. An Bildungs- und andern Anstalten besitzt G. eine Universität (seit 1531) von 5 Fakultäten (mit über 1000 Studierenden), ein Instituto, eine Kunstschule, 6 Colegios, ein Seminar, eine Normalschule, Bibliothek, ein Museum, 3 Theater, einen Zirkus für Stiergefechte und 10 Hospitäler. Es ist Sitz des Generalkapitäns, des Gouverneurs, eines Obergerichts, mehrerer Konsulate, darunter eines deutschen Vizekonsulats, und eines Erzbischofs. Die Umgebung bildet die fruchtbare, gut bewässerte und reich bevölkerte Vega von G. – Araber gründeten die Stadt im 8. Jahrh. unweit der Ruinen der uralten keltiberischen Stadt Illiberis (woraus Elvira entstand) und gaben ihr den Namen G., der die Gestalt eines aufgesprungenen Granatapfels bedeuten soll, und der auch das Wappen ihrer Könige war. Die Stadt gelangte unter den Mauren bald zu einer außerordentlichen Blüte, so daß sie schon um 1350: 200,000, um die Zeit der spanischen Eroberung aber 400,000 Einw. zählte. Sie hatte 15 (jetzt 8) km im Umfang, zahlreiche Prachtbauten, 50 gelehrte Schulen, 70 Bibliotheken und war von einer Mauer umgeben, aus der 1030 Türme emporragten. Nach der Einnahme durch die Spanier, 1492, trieben Bedrückungen aller Art die maurische Bevölkerung zu wiederholten Empörungen, die erst 1570 durch ihre Versetzung in das Innere Spaniens sowie 1609 und 1610 durch ihre völlige Vertreibung aus der Pyrenäenhalbinsel beseitigt wurden. Val. K. E. Schmidt, Cordoba und G. (Leipz. 1902), weitere Literatur s. Granada (Königreich).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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