- Gerichtskosten
Gerichtskosten (Gerichtsgebühren, Sporteln) sind die für die Tätigkeit der staatlichen Rechtspflege von den Beteiligten zu entrichtenden Gebühren, zu denen manchmal auch die Auslagen der Gerichtsbehörden gerechnet werden. Man unterscheidet zwischen den gerichtlichen und den außergerichtlichen Kosten eines Rechtsstreits und rechnet zu den letztern die Anwaltsgebühren, die Gebühren der Zeugen und Sachverständigen und die sonstigen Auslagen. Während früher die G. vielfach unmittelbar zur Bestreitung der Kosten der Rechtspflege bestimmt waren und vielfach von den Justizbeamten selbst vereinnahmt wurden, in deren Privatkasse sie flossen, ist die Gerichtsverwaltung jetzt lediglich Staatssache. Die Kosten der Rechtspflege werden vom Staate bestritten; die Justizbeamten werden aus der Staatskasse besoldet, in die auch die G. fließen. In der Form der G. können auch Abgaben (sogen. Stempelgebühren) erhoben werden. Bezüglich der Erhebung der G. bestehen zwei Systeme, das der besondern Gebühren für die einzelnen Gerichtsverhandlungen und das der Pauschalsummen, die für gewisse Prozeßabschnitte erhoben werden. Für das Deutsche Reich besteht in dem Gerichtskostengesetz vom 18. Juni 1878 eine gemeinsame Gebührenordnung für alle nach der Konkurs-, Zivil- und Strafprozeßordnung vor den ordentlichen Gerichten zu verhandelnden Sachen. Hiernach werden in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten die G. nach Pauschalsätzen erhoben, die sich nach dem Werte des Streitgegenstands (s.d.) bestimmen. Der einheitliche Satz heißt die volle Gebühr. Diese kommt zur Erhebung 1) für die sogen. kontradiktorische mündliche Verhandlung (Verhandlungsgebühr), 2) für die Anordnung einer Beweisaufnahme (Beweisgebühr), 3) für eine andre Entscheidung (Entscheidungsgebühr). Hat der Prozeß diese drei Abschnitte durchlaufen, so ergibt die Verbindung dieser drei Sätze die G. für die Instanz. In gewissen Fällen kommen aber nur bestimmte Bruchteile (Zehntel) der vollen Gebühr in Ansatz. Stempel- oder andre Abgaben dürfen neben den Gebühren nicht erhoben werden; doch kommen die baren Auslagen (Schreibgebühren, Tagegelder der Richter, Gebühren der Zeugen und Sachverständigen u. dgl.) zur Erstattung. Die Kosten sind endgültig von demjenigen zu tragen, dem sie in der gerichtlichen Entscheidung auferlegt werden. Dies ist regelmäßig der unterliegende Teil. Die Kosten werden durch Vorschuß sichergestellt. Unbemittelten kann das Armenrecht (s.d.) erteilt werden. Im Strafprozeß wird der Einheitssatz für das ganze Verfahren erhoben. Der Kostenbetrag richtet sich nach der Höhe der erkannten Strafe. Die G. sind im Falle der Verurteilung vom Angeklagten, im Falle der Freisprechung von der Staatskasse oder vom Privatkläger zu tragen. Bei Antragsvergehen sind die durch Zurücknahme des Antrags erwachsenden Kosten dem Antragsteller zur Last zu legen. Der Privatankläger hat in Strafsachen, die nicht von Amts wegen verfolgt werden, einen Kostenvorschuß zu erlegen. Zu den Auslagen gehören hier besonders die Haftkosten. Durch ein Nachtragsgesetz (sogen. Novelle) vom 29. Juni 1881 wurde, namentlich in Ansehung der sogen. Nebenkosten (Schreib-, Zustellungs- und Vollstreckungsgebühren), eine Ermäßigung der G. bewirkt; eine weitere Herabsetzung wird, namentlich auch in Ansehung der Gebühren der Gerichtsvollzieher (s.d.), vielfach angestrebt. Die Gebühren der Rechtsanwalte sind durch die Gebührenordnung vom 7. Juli 1879 geregelt (s. Rechtsanwalt), diejenigen der Zeugen und Sachverständigen durch die Gebührenordnung vom 30. Juni 1878. Soweit das Reichs-Gerichtskostengesetz keine Bestimmungen enthält, gelten über G. die einzelnen Landesgesetze. Nachstehende Tabelle gibt Ausschluß, wie hoch sich die Gerichtsgebühren und die Anwaltskosten je nach der Höhe des Streitwertes belaufen.
Vgl. Rittmann, Das deutsche Gerichtskostengesetz (2. Aufl., Mannh. 1900); Roos, Das Gerichtskostengesetz, systematisch dargestellt (Karlsr. 1901); Pfafferoth, Das deutsche Gerichtskostenwesen (8. Aufl., Berl. 1903).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.