Fällung

Fällung

Fällung (Niederschlagung, Praecipitatio), der Prozeß, durch den aus einer Flüssigkeit auf Zusatz eines gasförmigen, flüssigen oder festen Körpers, des Fällungsmittels, die Ausscheidung eines bis dahin gelöst gewesenen oder sich erst neu bildenden Körpers (Niederschlag, Präzipitat) erfolgt. So wird schwefelsaurer Kalk aus seiner wässerigen Lösung durch Alkohol gefällt, weil er auch in sehr verdünntem Spiritus nicht löslich ist, und umgekehrt entsteht ein Niederschlag in einer alkoholischen Harzlösung auf Zusatz von Wasser. Aus einer Lösung von Ätzkalk (Kalkwasser) fällt Kohlensäure unlöslichen kohlensauren Kalk, indem das Fällungsmittel den Ätzkalk zersetzt. In einer Lösung von salpetersaurem Baryt erzeugt eine Lösung von schwefelsaurem Natron einen Niederschlag von unlöslichem schwefelsauren Baryt, während salpetersaures Natron gelöst bleibt. Bisweilen entsteht auch ein Niederschlag beim Erwärmen einer Flüssigkeit, weil der darin gelöste Körper in warmem Wasser weniger löslich ist als in kaltem (Kalkwasser), oder weil er, wie das Eiweiß, bei einer bestimmten Temperatur in einen andern Zu stand übergeht (gerinnt), oder weil beim Erhitzen eine Zersetzung eintritt, wie bei einer Lösung von doppeltkohlensaurem Kalk, der die Hälfte seiner Kohlensäure verliert und unlöslichen kohlensauren Kalk hinterläßt. Die Niederschläge sind kristallinisch oder amorph und dann oft gelatinös, doch werden letztere bisweilen bei längerm Stehen kristallinisch oder doch beim Erwärmen dichter. Die F. ist vollständig, wenn der Niederschlag vollkommen unlöslich ist, und wenn von dem Fällungsmittel eine hinreichende Quantität angewendet wurde, im andern Fall unvollständig. Um möglichst reine Niederschläge zu erhalten, müssen die Flüssigkeiten vor der F. filtriert werden. Beim Zusatz des Fällungsmittels muß die Lösung gerührt werden, und von Zeit zu Zeit filtriert man Proben der zu fällenden Flüssigkeit ab und versetzt sie mit dem Fällungsmittel, um zu sehen, ob noch F. stattfindet, damit von dem Fällungsmittel nicht zuviel zugesetzt werde. Manche Niederschläge werden durch einen Überschuß des Fällungsmittels wieder gelöst. Ost ist es von Wichtigkeit, die beiden Flüssigkeiten in bestimmter Weise miteinander zu mischen; man gießt z. B. reines Wasser in einen Bottich und läßt nun beide Flüssigkeiten aus zwei Gefäßen in gleich starkem Strahl unter starkem Umrühren in das Wasser fließen. Hierbei treffen annähernd gleiche Mengen beider Flüssigkeiten zusammen.

Den erzeugten Niederschlag läßt man absetzen und wäscht ihn nach dem Abgießen der klaren Flüssigkeit anfangs im Gefäß, dann auf dem Filter aus und trocknet ihn. In der Technik werden Niederschläge oft auch gepreßt oder auf Zentrifugalmaschinen entwässert. Manche Niederschläge schließen von den gelösten Bestandteilen der Flüssigkeit erhebliche Mengen ein, die durch Auswaschen sehr schwer oder gar nicht zu entfernen sind; andre Niederschläge reißen gelöste Farbstoffe mit sich nieder, so daß man durch Erzeugung eines Niederschlags eine Flüssigkeit entfärben kann. Sind in einer Flüssigkeit zwei ähnliche Körper gelöst, so kann man diese bisweilen durch partielle (fraktionierte) F., ähnlich wie flüchtige Körper durch fraktionierte Destillation, voneinander trennen. Wird z. B. eine Lösung von etwa gleichviel Stearinsäure uno Palmitinsäure in heißem Weingeist mit einer zur vollständigen F. beider Säuren unzureichenden Menge von essigsaurer Magnesia versetzt, so enthält der Niederschlag, da Stearinsäure das schwerer lösliche Salz mit Magnesia bildet, in vorwiegender Menge Stearinsäure, während spätere in gleicher Weise erhaltene Niederschläge vorwiegend Palmitinsäure enthalten. Zersetzt man die erhaltenen Niederschläge mit Säuren und unterwirft die ausgeschiedenen fetten Säuren jedes einzelnen Niederschlags noch einmal der partiellen F., so erhält man schließlich ganz reine Produkte. Umgekehrt kann man auch durch F. zwei feste Körper sehr innig miteinander mischen, in dem man sie gleichzeitig in derselben Flüssigkeit fällt. Gibt z. B. Lösung A mit Lösung B einen blauen und Lösung C mit Lösung D einen gelben Niederschlag, so mischt man A mit C und B mit D (wobei keine Niederschläge entstehen dürfen) und gießt beide Mischungen zusammen. Es entsteht dann sofort ein grüner Niederschlag, indem sich der blaue mit dem gelben Körper sehr innig gemischt ausscheidet. Man benutzt Fällungen in der Technik zur Darstellung des bei der F. sich ausscheidenden Körpers oder zur Reinigung der Flüssigkeiten von einem darin gelösten störenden Körper. In der chemischen Analyse erzeugt man charakteristische Fällungen zur Erkennung und Bestimmung der Körper.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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