- Creizenach
Creizenach, 1) Michael, jüd. Gelehrter, geb. 16. Mai 1789 in Mainz, gest. 5. Aug. 1842 in Frankfurt a. M., widmete sich ganz der Bildung der Juden, zunächst der rheinhessischen. Unter unsäglichen Mühen gründete er eine Volksschule, hielt religiöse Vorträge in deutscher Sprache und schuf einen Verein zur Heranbildung jüdischer Handwerker. Zugleich stiftete er eine jüdische Zeitschrift: »Geist der pharisäischen Lehre« (Mainz 1824), und trieb eifrig mathematische Studien. Außer einem »Versuch über die Parallelentheorie« (Mainz 1822) schrieb er ein »Lehrbuch der darstellenden Geometrie« (das. 1822) und, 1825 als Prediger und Lehrer an die israelitische Realschule (Philanthropin) in Frankfurt a. M. berufen, ein »Lehrbuch der technischen Geometrie« (Frankf. 1828) und »Lehrbuch der Algebra« (Stuttg. 1835). Sein Hauptwerk: »Schulchan Aruch«, oder enzyklopädische Darstellung des mosaischen Gesetzes (Frankf. 1833–40, 4 Bde.) und seine »32 Thesen über den Talmud« (das. 1831) richteten sich ohne dauernden Erfolg gegen das rabbinisch-talmudische Judentum. Mit Jost begründete er die Zeitschrift »Zion« (Frankf. 1841–42) in hebräischer Sprache, von der er eine nationale Wiedervereinigung der Juden erhoffte.
2) Theodor, Dichter und Literarhistoriker, Sohn des vorigen, geb. 17. April 1818 in Mainz, gest. 6. Dez. 1877, ward Lehrer am israelitischen Philanthropin zu Frankfurt a. M. und einer der Hauptgründer des Frankfurter jüdischen Reformvereins, trat aber 1854 zum Christentum über und wurde 1859 zum Lehrer an der höhern Bürgerschule zu Frankfurt, 1863 zum Professor der Geschichte und Literatur am Gymnasium daselbst ernannt. Literarisch machte er sich bekannt durch seine »Dichtungen« (Frankf. 1839) und »Gedichte« (das. 1848, 2. Aufl. 1851). Als genauer Kenner Goethes und seiner Frankfurter Beziehungen bewährte er sich durch die Herausgabe des »Briefwechsels zwischen Goethe und Marianne v. Willemer« (2. Aufl., Stuttg. 1878).
3) Wilhelm, Literarhistoriker, Sohn des vorigen. geb. 4. Juni 1851 in Frankfurt a. M., studierte in Göttingen und Leipzig, habilitierte sich 1875 an der Universität daselbst und wurde 1883 außerordentlicher, 1886 ordentlicher Professor der deutschen Sprache und Literatur an der Universität Krakau. Er schrieb: »Versuch einer Geschichte des Volksschauspiels vom Dr. Faust« (Halle 1878); »Zur Entstehungsgeschichte des neuern deutschen Lustspiels« (das. 1879); »Die Bühnengeschichte des Goetheschen Faust« (Frankf. 1881) und »Geschichte des neuern Dramas« (Halle 1894–1903, Bd. 1–3). In Kürschners »Deutscher National-Literatur« gab er die »Schauspiele der englischen Komödianten« (Stuttg. 1889) heraus.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.