Wildfangsrecht

Wildfangsrecht

Wildfangsrecht (jus wildfangiatus), in Deutschland das Recht des Königs, den eingewanderten Fremden, der sich als rechtlos unter den besondern königlichen Schutz begeben mußte, wie einen Leibeignen zu behandeln, entsprechend dem französischen droit d'aubaine (jus albinagii), mit dem das W. gleichen Ursprung aus dem altgermanischen Fremdenrecht (s. d.) hat. Dieser Rechtsgebrauch blieb seinem Grundgedanken nach bestehen, so lange es eine Leibeigenschaft gab; aber im Laufe der Zeit verlor sich vielfach seine praktische Ausübung. Am längsten hat sich das W. in Westfalen erhalten, wo die Wildfänge »Biesterfreie« und ähnlich genannt wurden, und in Rheinfranken. Hier im besondern hat, wohl gegen Ende des 14. Jahrh., der Kurfürst von der Pfalz als Reichsvikar durch königliches Privileg die Ausübung des Wildfangsrechts übertragen bekommen und die bezüglichen Ansprüche weit über die Grenzen seines Landes hinaus bei den Nachbarstaaten, wenn auch unter deren lebhaftem Widerspruch, geltend gemacht (vgl. Jul. Wolffs gleichnamigen Roman, Berl. 1907). Daraus ergaben sich häufige Streitigkeiten, die bei der nachdrücklichen Erneuerung des ertragreichen Rechtes durch Kurfürst Karl Ludwig (s. Karl 45) zu einem förmlichen Kriege führten, der als der Pfälzische Wildfangstreit (1664–67) bekannt ist. Erst der Machtspruch Frankreichs und Schwedens vermochte den Kampf zugunsten von Kurpfalz zu entscheiden. Vgl. Brunner, Der pfälzische Wildfangstreit (Innsbruck 1896); Kolde, Über die Wildfänge und das Wildfangsrecht der Pfalzgrafen bei Rhein bis 1667 (Dissert., Rostock 1898). – Das Wort Kolbekerle, früher irrig mit Wildfänge identifiziert, bedeutet lediglich Kriegsknechte, die nur mit dem Streitkolben, nicht mit Lanze und Schwert. bewaffnet sind.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Wildfangsrecht — Wildfangsrecht, Recht des herkommenden Mannes, Jus wilfangiatus, Jus kolbekerili), das zuerst dem Pfalzgrafen am Rhein, dann allen Provinziallandgrafen, namentlich dem Pfalzgrafen in Baiern, zustehende Recht Wildfänge (Kolbekerle, von dem Tragen… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Wildfangsrecht — Wildfangsrecht, zuletzt noch dem Kurfürsten der Pfalz zustehendes Recht, Wildfänge d.h. uneheliche Kinder und Bursche, die sich 1 Jahr lang in der Pfalz aufhielten, ohne von ihrem Herrn reclamirt zu werden, zu Frohnarbeit u. Kriegsdienst in… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Wildfangrecht — Das Wildfangrecht ist ein Begriff aus der deutschen Geschichte. Es bestand im 17. Jahrhundert hauptsächlich in der Pfalz unter Kurfürst Karl Ludwig. Dieser glaubte ein Anrecht darauf zu haben, jeden sein Land passierenden Mann, der sich nicht… …   Deutsch Wikipedia

  • Wildfang — Wildfang, 1) das Fangen wilder Thiere im Gegensatze des Schießens; 2) ein wild eingefangenes, lebendiges Thier; 3) bes. ein in der Wildniß aufgewachsenes u. dann eingefangenes Pferd; 4) ein solcher Falke, s.u. Falkenjagd; 5) so v.w. Wildling: 6)… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Ausfauthe — Ausfauthe, sonst in der Pfalz Büttel, welche die Wildfänge einsingen, s. Wildfangsrecht …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Fremde — Fremde, Personen, die in einem Lande od. Orte weder geboren sind, noch daselbst das Unterthanenrecht erlangt haben. Sie genießen nur Schutz u. Gast , nicht das Bürgerrecht. F., welche innerhalb eines Staates eine in diesem Staate verbotene… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Kurfürsten — (Wahlfürsten, lat. Electores), die Fürsten, welche nach der deutschen Reichsverfassung den deutschen König od. Kaiser wählten (kürten). Über den Ursprung der K. haben lange Zeit irrige Meinungen geherrscht, so die auf eine unechte Urkunde… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Laudum — (lat.), Ausspruch eines Schiedsrichters. L. Heilbronnense, eine 1667 durch die Könige von Frankreich u. Schweden getroffene schiedsrichterliche Entscheidung über das Wildfangsrecht (s.d.) …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Fremdenrecht — Fremdenrecht, die Rechtsgrundsätze über die rechtliche Stellung der Fremden. Als Fremde oder Ausländer werden im Gegensatz zu den Staatsangehörigen diejenigen bezeichnet, die außerhalb des Staatsverbandes stehen. Landsassen oder Forensen werden… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Kolbekerle — Kolbekerle, s. Wildfangsrecht …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”