Stachelschwein

Stachelschwein

Stachelschwein (Hystrix L.), Nagetiergattung aus der Familie der Stachelschweine (Hydricidae), sehr gedrungen gebaute Tiere mit kurzem Hals, dickem Kopf, kurzer, stumpfer Schnauze, kleinen Ohren, kurzem, mit Stacheln besetztem Schwanz, verhältnismäßig hohen Beinen, fünfzehigen Füßen, stark gekrümmten Nägeln und ungemein stark entwickeltem Stachelkleide. Das gemeine S. (Hystrix cristata L., s. Tafel »Nagetiere I«, Fig. 4), 65 cm lang, mit 11 cm langem Schwanz, 24 cm hoch, hat auf der Oberlippe glänzend schwarze Borsten, längs des Halses eine Mähne aus starken, rückwärts gerichteten, sehr langen, weißen oder grauen Borsten mit schwarzer Spitze, auf der Oberseite verschieden lange, braunschwarz und weiß geringelte, scharf gespitzte, leicht ausfallende Stacheln und borstige Haare, an den Seiten des Leibes kürzere und stumpfere Stacheln, am Schwanz abgestutzte, am Ende offene Stacheln, an der Unterseite dunkelbraune, rötlich gespitzte Haare. Die dünnen, biegsamen Stacheln werden 40 cm, die starken 15–30 cm lang, aber 5 mm dick; alle sind hohl oder mit schwammigem Mark gefüllt. Das S. stammt aus Nordafrika und findet sich jetzt auch in Griechenland, Kalabrien, Sizilien und in der Campagna von Rom. Es lebt ungesellig am Tag in langen, selbstgegrabenen Gängen und sucht nachts seine Nahrung, die in allerlei Pflanzenstoffen besteht. Alle Bewegungen des Stachelschweines sind langsam und unbeholfen, nur im Graben besitzt es einige Fertigkeit. Im Winter schläft es tagelang in seinem Baue. Vollkommen harmlos und nahezu völlig unfähig, sich zu verteidigen, erliegt es jedem geschickten Feinde. Es ist stumpfsinnig, aber leicht erregbar. Gereizt grunzt es, sträubt die Stacheln und rasselt mit ihnen, wobei oft einzelne ausfallen, was zu der Fabel Veranlassung gegeben hat, daß es die Stacheln fortschießen könne. In der Not rollt es sich wie ein Igel zusammen. Die Paarung erfolgt im Frühjahr, und 60–70 Tage nach der Begattung wirft das Weibchen in einer Höhle 2–4 Junge, deren kurze, weiche Stacheln sehr bald erhärten und ungemein schnell wachsen. In der Gefangenschaft wird es leicht zahm, hält sich gut, pflanzt sich auch fort, bleibt aber stets scheu und furchtsam. Italiener ziehen mit gezähmten Stachelschweinen von Dorf zu Dorf. Man ißt sein Fleisch und benutzt die Stacheln zu mancherlei Zwecken. Die Bezoarkugeln eines ostindischen Stachelschweines waren früher als Heilmittel hochgeschätzt. Eine Gruppe der Stachelschweine, die auf Bäumen lebenden Kletter- oder Baumstachelschweine (Cercolabinae), sind schlanker gebaut, besitzen kürzere Stacheln und haben meist einen zu einem Greifwerkzeug (Greifstachler) ausgebildeten Schwanz. Zu dieser auf Amerika beschränkten Gruppe gehört z. B. der Urson (Erethizon dorsatum Cuv.) in Nordamerika und der Cuandu (Cercolabes prehensilis Brandt) im tropischen Südamerika. Über die früher zu den Stachelschweinen gestellten Anomoluriden (Stachelflatterer) s. Schuppenflughörnchen.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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