- Slawische Mythologie
Slawische Mythologie. Von den mythologischen Vorstellungen und der darin sich kundgebenden Weltanschauung der alten Slawen läßt sich infolge mangelhafter Überlieferung kein deutliches Bild entwerfen. Die Überlieferung beschränkt sich fast gänzlich auf Angaben von einzelnen Götternamen, wie Perun, Dažbog, Wolos, Stribog bei den russischen Slawen, Svętovit (Swantowit) bei den Slawen auf Rügen, Triglaw bei den Pommern etc. Für Südslawen, Polen und Tschechen sind nicht einmal bloße Namen von Göttern bekannt. Was bei einigen Schriftstellern von einem Dualismus von guten und bösen Gottheiten, einem Kampfe zwischen den Göttern des Lichtes und der Finsternis (dem Bjelbog und dem Tschernebog der Slawen zwischen Elbe und Oder) berichtet wird, scheint bereits auf christlichen Einfluß hinzuweisen. Zahlreicher erhalten sind die Namen von zum Teil noch im heutigen Volksglauben fortlebenden mythischen Wesen niedern Grades; so die Rußalken (bei den Russen) und Wilen (bei den Südslawen), die Herrscherinnen über Flüsse, Wälder und Berge, die in der Volkspoesie der Slawen noch heute eine große Rolle spielen; ferner die Rojenizen und Sojenizen (Geburts-, bez. Schicksalsgöttinnen), zahlreiche Haus-, Wald- und Feldgeister (Domowyje und Leschije), die Baba-Jaga (im russischen Volksglauben) u. a. Alle bisher versuchten Systeme einer slawischen Mythologie, so die in den Werken von Hanns (»Die Wissenschaft des slawischen Mythus«, Lemb. 1842), Afanasjew (»Die poetischen Naturanschauungen der Slawen«, russ., Moskau 1865–69, 3 Bde.), Krek (»Einleitung in die slawische Literaturgeschichte«, 2. Aufl., Graz 1887) u. a., dürften als verfehlt zu betrachten sein. Eine kritischere Methode in der Erforschung der slawischen Mythologie ist neuerdings erst von Jagić (im »Archiv für slawische Philologie«, Bd. 4) und von Brückner (ebenda, Bd. 5 und 14) angewandt worden. Vgl. Máchal, Nakres slovanské bajesloví (Prag 1891).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.