Schullasten

Schullasten

Schullasten, Inbegriff des für das öffentliche Schulwesen, besonders Volksschulwesen, von Staat, Gemeinden mid einzelnen Verpflichteten (Gutsherren) oder Korporationen (Kirchgemeinden etc.), zu leistenden Aufwandes. Abgesehen vom Schulgelde galten die S. ehemals zumeist als dingliche oder Reallasten, die auf dem Grundbesitze ruhten und je nach territorialem oder örtlichem Herkommen auf Gutsherrschaften, Reihestellen, Höfe u. dgl. oder auf die Hausväter einer Gemeinde sich verteilten. Oft und in Deutschland zumeist waren auch kirchliche Gemeinden die Träger der Schullast, die alsdann, soweit nicht das kirchliche Vermögen ausreichte. auf den Schultern der Kirchgenossen persönlich ruhte. Die neuere Gesetzgebung ist fast überall dazu übergegangen, das Volksschulwesen zu einer Sache der bürgerlichen Gemeinden zu machen, denen es überlassen bleibt, solche Personen oder Körperschaften, deren Beitragspflicht auf besondern Rechtstiteln beruht, diesen gemäß heranzuziehen, und denen der Staat im Falle des Unvermögens durch besondere Zuschüsse zu Hilfe kommt. Während die meisten deutschen Staaten seit 1870 ihr Volksschulrecht auf dieser Grundlage gesetzlich geordnet hatten, gelang es in Preußen trotz öfterer Anläufe lange nicht, einheitliche gesetzliche Regelung der Schulunterhaltungspflicht herzustellen. Und doch wurde es bei der großen Verschiedenheit der einzelnen Provinzen nicht nur, sondern innerhalb deren wieder der einzelnen ältern Gebiete, der verschiedenen Konfessionen etc. längst als dringendes Bedürfnis empfunden, die bunte Rechtsverschiedenheit und selbst Rechtsunsicherheit durch eine zeitgemäße, allgemeine gesetzliche Ordnung zu beseitigen. Die wiederholten Versuche der Regierung scheiterten zunächst daran, daß man gemäß Artikel 26 der Verfassung vom 31. Jan. 1850 ein Gesetz zustande bringen wollte, durch welches das gesamte Unterrichtswesen geregelt werden und bis zu dessen Erlasse nach Artikel 112 alle geltenden ältern gesetzlichen Normen in Krajt bleiben sollten. Auch die Versuche, das öffentliche Volksschulwesen allein gesetzlich zu regeln, unter den Ministern v. Goßler (1890–91) und Graf Zedlitz (1891–92), führten nicht zum Ziele, da im Landtage die Parteien sich über die grundsätzliche Basis nicht einigen konnten. Immer lauter wurde daher das Verlangen, daß die Staatsregierung dem Landtag einen Gesetzentwurf vorlegen sollte, der sich auf die Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen beschränkte. Nachdem die drei maßgebenden Parteien: Zentrum, Konservative, Nationalliberale sich im viel angefochtenen sogen. Schulkompromiß über die wichtigsten Grundlagen dieses Gesetzes mit der Regierung geeinigt hatten, legte der Kultusminister v. Studt im Dezember 1905 den verlangten Entwurf dem Landtage vor. Nach langen Verhandlungen wurde dann zunächst durch Gesetz vom 10. Juli 1906 Artikel 26 der Verfassung dahin geändert, daß er nicht mehr ein das gesamte Unterrichtswesen regelndes Gesetz, sondern nur gesetzliche Regelung des Schul- und Unterrichtswesens überhaupt verlangt, und Artikel 112 ganz aufgehoben. Erst hierauf erschien 28. Juli 1906 das Gesetz, betreffend die Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen, selbst. Es besteht aus sechs Abschnitten: I. § 1–6: Träger der Schullast (grundsätzlich die bürgerliche Gemeinde; Vorschriften für die in besondern Ausnahmefällen gebotene Bildung von Schulverbänden); II. § 7–23: Verteilung der Volksschullasten, Schulhaushalt, Baufonds, Staatsleistungen; III. § 24–32: Schulvermögen, Leistungen Dritter; IV. § 33–42: Konfessionelle Verhältnisse (Konfessionalität der Volksschulen gilt als Regel; die konfessionellen Minderheiten werden sorgsam geschützt; paritätische Schulen nicht unbedingt ausgeschlossen, aber sehr erschwert); V. § 43–62: Verwaltung der Volksschulangelegenheiten und Lehrerausteilung; VI. § 63–71: Schluß- und Übergangsbestimmungen. Von einer Wirkung des vielumstrittenen Gesetzes, das die extremen Parteien keineswegs befriedigt, aber doch zweifellos viel Gutes enthält und bei aller (übrigens der Verfassung entsprechenden) Rücksicht auf die konfessionellen Verhältnisse doch die Hoheit des Staates durchaus wahrt, kann noch nicht die Rede sein. Ergänzt soll es noch werden durch eine Revision des Lehrerbesoldungsgesetzes vom 3. März 1897. Auf den Geist der Ausführung wird alles ankommen. Vgl. Lezius, Das Gesetz, betreffend die Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen vom 28. Juli 1906 etc. (Berl. 1906); v. Rohrscheidt, Preußisches Schulunerhaltungsgesetz (das. 1906).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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