- Pontóppidan
Pontóppidan, 1) Erik, dän. Historiker und Theolog, geb. 24. Aug. 1698 in Aarhus, gest. 20. Dez. 1764 in Kopenhagen, wurde daselbst 1735 zum Hofprediger, 1738 zum außerordentlichen Professor der Theologie ernannt, ging 1748 als Bischof nach Bergen und wirkte seit 1755 an der Kopenhagener Universität als Vizekanzler. Außer dem weitverbreiteten, auch ins Deutsche übersetzten Roman »Menoza,en asiatisk Prinds« (Kopenh. 1742–43, 3 Bde.; neue Ausg. 1860) veröffentlichte er zahlreiche historische Arbeiten: die Inschriftensammlung »Marmora danica« (1739 bis 1741, 2 Bde.); »Kurzgefaßte Reformationshistorie der dänischen Kirche« (Lüb. 1734); »Gesta et vestigia Danorum extra Daniam« (1740–41, 3 Bde.); »Annales ecclesiae Danicae« (deutsch, 1741–52, 4 Bde.); »Versuch einer natürlichen Historie von Norwegen« (1753–54, 2 Bde.); »Glossarium Norvagicum« (1742); »Origines Hafnienses« (1760); »Den danske Atlas« (1763–81, 7 Bde., die fünf letzten hrsg. von Hofman; Bd. 1, deutsch von Scheibe, Hamb. 1766 bis 1767). Seine Erklärung des Lutherischen Katechismus war bis 1794 in Dänemark und ist noch jetzt in Norwegen in Gebrauch. In der Abhandlung »Det danske Sprogs Skäbne og forrige saa vel som unvärende Tilstand udi Sönderjylland« (1745) entwickelte er zum erstenmal den nationaldänischen Standpunkt in der schleswigschen Sprachenfrage.
2) Henrik, dän. Dichter, geb. 24. Juli 1857 als Sohn eines Predigers in Fredericia, studierte Naturwissenschaften und Mathematik, wanderte als Achtzehnjähriger durch Deutschland nach der Schweiz, besuchte die polytechnische Hochschule in Kopenhagen, wurde Lehrer an der Volkshochschule seines Bruders bei Frederiksborg und hat seitdem oft Beruf und Wohnort gewechselt. Mit dem Novellenband »Gestutzte Flügel« (1881), der den Einfluß Kiellands verrät, trat er als Naturalist in die Literatur ein. Es folgten: »Die Sandinger Gemeinde« (1883; deutsch, Berl. 1905), »Bilder vom Lande« (1884), »Kleine Romane« (»Junge Liebe«; deutsch mit »Ein Kirchenraub«, Stuttg. 1890); »Mimosen«, »Der Eisbär« (deutsch, Berl. 1903), »Spuk«, »Natur« (1885–90), »Aus ländlichen Hütten« (1887; deutsch, Berl. 1896), »Volksleben« (1888–90, 2 Bde.), »Wolken« (1890), die Trilogie »Erde« (»Muld«, 1891), »Das Gelobte Land« (1892), »Das letzte Gericht« (1895), »Nachtwache« (deutsch, Dresd. 1896) und »Der alte Adam« (1894), »Das Hohe Lied« (1896), »Rotkäppchen« (1900; deutsch, Bresl. 1904), »Die ideale Häuslichkeit« (1900), das Drama »Die wilden Vögel« (1902) und der große Roman »Lykkeper« (1898–1904, 8 Bde.), die Schilderung eines modernen Dänen auf dem Hintergrunde des modernen Dänemark, und »Hans im Glück« (deutsch, Leipz. 1906, 2 Bde.). P. betrachtet die Menschen und ihr Tun vom Standpunkte des Landbewohners; er ist praktisch, unbeirrt von dem Hergebrachten, ehrlich, ironisch, mitunter grob. Die Wirklichkeit, die er schildert, hüllt er zuerst in Romantik ein, zerreißt diese durch Ironie und versöhnt den Leser durch Selbstverspottung. Er zieht mit scharfen Waffen gegen die Salondemokratie (»Sandinger Gemeinde«), die Emanzipationsmanie (»Mimosen«), die phrasenhafte Lyrik (»Nachtwache«), die konventionelle Ehe (»Die ideale Häuslichkeit«), die selbstgemachten Größen, die humoristisch anstatt tragisch aufgefaßt werden müßten (»Das Gelobte Land«), ins Feld; er baut aber auch neue Altäre für die niedergerissenen (»Lykkeper«) auf und ist kein Dogmatiker, der sich schon im Besitz der Wahrheit wähnte, die er ehrlich und sehnsüchtig sucht.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.