- Messenĭen
Messenĭen (griech. Messene, dorisch Messāna, lat. Messenia), umfaßte die westlichste der drei großen südlichen Landzungen des Peloponnes (s. Karte »Alt-Griechenland«) und reichte im Altertum im N. bis an den Nedafluß (jetzt Buzi), der sie von Elis schied, im O. bis an das Taygetongebirge, das die Grenze gegen Lakonien bildete. Gegen Arkadien lief die Grenze auf der Wasserscheide zwischen Pamisos und Alpheios hin. M. ist seinem Kerne nach das Tal des wasserreichen Pamisos (jetzt Pirnatza), eine schöne weite Kulturebene, die in eine nördliche und eine südliche Hälfte zerfällt. Erstere ist die von Stenyklaros, wie das Heerlager der eindringenden Dorier hieß: die zweite die Küstenebene Makaria. M. ist durch vereinzelt auftretende Gebirge reich gegliedert: im äußersten Süden der Akritas (Hagios Dimitri, 516 m), nördlich davon der Mathia (Lykodimo, 957 m), im W. des Landes das Ägaleongebirge (bis 1220 m) und im Zentrum von M. die Gipfel Ithome (Vurkano, 802 m) und Eua. Milde des Klimas, Regen, Wasserfülle und dankbarer Boden machen M. zu der bevorzugtesten Landschaft Griechenlands, in der wie im Altertum, so noch jetzt Wein- und Getreidebau fast überall stattfindet. Zu M. gehören auch mehrere Inseln an der Süd- und Westküste des Landes, darunter Sphakteria (jetzt Sphagia), das im Peloponnesischen Krieg eine Rolle spielte. Die historisch merkwürdigsten Orte waren: die Bergfeste Ithome, an deren Belagerung sich das Hauptinteresse des ersten Messenischen Krieges knüpft; Pylos, Nestors Residenz; Pherä (das heutige Kalamata), Methone und die 370 von Epameinondas am Fuße des Ithome gegründete Hauptstadt Messene (Ruinen, namentlich der Befestigungen, beim Dorf Mavromati). Heute liegen die bedeutendsten Städte an der See; Hauptstadt ist Kalamata. Im heutigen Königreich Griechenland bildet die oben beschriebene Landschaft den Nomos Messinía; doch gehört zu diesem nördlich noch das Land bis zum Nuphiafluß (Alpheios), während der südöstlichste Streifen des alten M., an der Ostseite des Messenischen Meerbusens (Golf von Koron), zum Nomos Lakonien geschlagen wurde. Der Nomos M. hat 3441 qkm Flächeninhalt mit (1896) 205,798 Einw. und zerfällt in fünf Eparchien.
Erst mit der Wanderung der Dorier, die von Stenyklaros aus das Land eroberten und es Messene (»Mittel- oder Binnenland«) nannten, wurde das bis dahin zersplitterte M. ein eigner, selbständiger Staat unter dem Herakliden Kresphontes. Die Einwanderer verschmolzen jedoch rasch mit den alten Einwohnern (Lelegern, Pelasgern, Minyern), die sie nicht völlig hatten unterjochen können, und da auch das Königtum in den Besitz der arkadischen Aipytiden gelangte, verlor M. den dorischen Charakter und bildete ein eignes Nationalbewußtsein aus. Die Fruchtbarkeit seiner Ebenen, der Hafen reichtum der Küste und der dadurchen ist andene Wohlstand erregten den Neid und die Eroberungssucht der Spartaner, die in zwei Kriegen, den Messenischen, 743–724 und 685–668 das Land nach tapferm Widerstand unterwarfen. Die messenischen Geschlechter, die übriggeblieben waren, wanderten meist aus, nach Arkadien und übers Meer nach Italien; die Zurückbleibenden wurden Heloten der Spartaner und mußten die Ackerlose der Sieger bebauen. Was nicht als Landgut verteilt war, blieb als Weide liegen; die Küsten verödeten, und das herrliche Land verfiel in einen traurigen Zustand. Zwar erhoben sich die Messenier, die Verwüstung Spartas durch ein Erdbeben 464 benutzend, zugleich mit den Heloten Lakoniens nochmals (dritter Messenischer Krieg), unterlagen jedoch wiederum nach zehnjähriger tapferer Gegenwehr (464–455) und wurden von den Athenern in Naupaktos angesiedelt, wo sie ihnen während des Peloponnesischen Krieges wesentliche Hilfe leisteten, weshalb sie nach seinem Ende von den Spartanern zur Auswanderung (nach Sizilien und Kyrenaika) gezwungen wurden. Um sich eine feste Stütze gegen Sparta zu sichern, rief Epameinondas 370 nach der Schlacht bei Leuktra die Messenier zurück und gründete 369 die neue, befestigte Hauptstadt Messene am Berg Ithome. Eine selbständige Entwickelung hat indes M. auch jetzt nicht trotz der Schwäche Spartas genommen, es schwankte in den griechischen Parteikämpfen der nächsten Jahrhunderte hin und her und kam 146 unter römische Herrschaft. Vgl. Hertzberg, Die Geschichte der Messenischen Kriege (3. Aufl., Halle 1875).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.