Massai

Massai

Massai (Masai, oder Oigob mit eignem Namen), heidnischer, der großen semitischen Völkerfamilie angehörender Volksstamm um den Kenia, Kilimandscharo und am westlichen Ufer des Viktoriasees, von guter Begabung, wenn sich auch mit straffer Organisation oft große Zügellosigkeit paart. Die M. sind ein hoch gewachsener (1,8 m), wohlgebildeter, sehniger, muskulöser Menschenschlag mit schmalen, schiefen Augen, vorstehenden Backenknochen, spitzem Kinn, längerm Haar als bei den richtigen Negern. Gestalt und Größe des Mundes sind nach der größern oder geringern Reinheit der Rasse verschieden; die Hautfarbe matt schokoladebraun, einige, besonders die Wakuafi, dunkelschwarz, und dieser stets von grober Körperbildung begleitete Ton verrät eine Blutmischung mit Gefangenen andrer Stämme. Tätowierung und Beschneidung von Knaben und Mädchen mit Eintritt der Mannbarkeit ist allgemein. Die Männer gehen gewöhnlich unbekleidet oder hängen einen Ledermantel über die Schultern, die Weiber einen weiten Mantel aus weichgegerbter Rindshaut. Im Krieg legen die M. ein langes Stück Tuch an mit einem farbigen Streifen in der Mitte, einen Ring von Ziegen- oder Affenfell um die Knöchel und einen Kranz von Straußfedern um den Kopf. Ihre Waffen bestehen in einem Speer mit breitem und langem Blatt, einem kurzen Schwert und einem 1 m hohen Schild aus Büffelhaut; Bogen und Pfeil sind selten. Vom 17.–24. Jahr sind die M. Krieger. Nach dreijähriger strenger Ausbildung heißen sie El-Moran, ihre einzige Nahrung besteht in halbrohem Fleisch, Blut und Milch. An Kriegszügen nach fernern Gegenden nehmen die ältern Männer (El-Morua) nicht teil. Sklaven haben die M. nicht. Neben Kriegern sind sie Hirten und Jäger. Sie wohnen in einfachen, runden, mit Rindshäuten bedeckten, meist von den Frauen errichteten Hütten. Ihr Hauptbesitz besteht in Vieh (einzelne besitzen 10,000 Rinder), deren Bestand (gleich dem des Volkes selbst) aber durch die um 1891 Ostafrika verheerende Rinderpest sehr dezimiert worden ist. Da nur Besitzende heiraten können, sucht man die Herden durch Raub bei den Nachbarvölkern zu vermehren. Einst der Schrecken der friedlichen Ostafrikaner, sind sie jetzt tief gesunken, so daß sie erst später vielleicht ihr Nomadenleben wieder aufnehmen können (vgl. Tafel »Wohnungen der Naturvölker II«, Fig. 11; Beispiele ihrer Kunstfertigkeit auf Tafel »Afrikanische Kultur I«). Sie sind Heiden; ihr Gott Ngai hat aber keine Fetische, doch besitzen die Priester einen sehr großen Einfluß. Zauberei und Geisterglaube sowie Baum- und Schlangenkultus sind bei ihnen, wie bei den Südgalla, allgemein. Über die Abstammung und Herkunft der M. herrschen noch sehr voneinander abweichende Ansichten. E. Glaser identifiziert sie mit den Mazoi der ägyptischen und den Madzaj der südarabischen Inschriften; er hält sie für Afrikaner, die seit 2000 v. Chr. bis rund um Christi Geburt stark durch kolonisierende Poener beeinflußt worden seien. Hommel sieht dagegen in den M. leibliche Nachkommen der arabischen Mas'ai oder Mas'aiten (biblisch Mes'a, Massa), die in Ostafrika ihre arabische Sprache mit einer afrikanischen vertauscht hätten. Auch Fel. v. Luschan erkennt in, den somatischen Merkmalen der M. semitische Grundzüge. Hauptmann Merker (s. unten) läßt sie im 5. vorchristlichen Jahrtausend aus Vorderasien in Afrika einwandern und legt besondern Nachdruck auf Anklänge an biblische Berichte des Alten Testaments, wie sie sich in der Massaiüberlieferung nachweisen ließen. Das Semitentum der M. wird aber aus linguistischen Gründen von andern (so Meinhof in der »Zeitschrift für Ethnologie«, 1904) lebhaft bestritten. Vgl. G. A. Fischer, Das Massailand (Hamb. 1885); Thomson, Durch Massailand (deutsch, Leipz. 1885); Baumann, Durch Massailand zur Nilquelle (Berl. 1894); Merker, Die M. (das. 1904); Hollis, The Masai, their language and folklore (Lond. 1905); Hinde, Masai language (das. 1901).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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