Mühler

Mühler

Mühler, 1) Heinrich Gottlob von, preuß. Staatsmann, geb. 23. Juni 1780 zu Luisenhof bei Pleß in Schlesien, gest. 15. Jan. 1857 in Berlin, studierte die Rechte, ward 1804 Assessor, 1810 Oberlandesgerichtsrat, 1815 Kammergerichtsrat in Berlin, 1819 Geheimer Oberrevisionsrat bei dem rheinischen Kassationshof daselbst, 1822 Vizepräsident des Oberlandesgerichts in Halberstadt, 1824 in Breslau, 1832 Justizminister für die östlichen Provinzen und erhielt 1838 die gesamte vereinigte Justizverwaltung. Er führte in Zivilsachen Öffentlichkeit und Mündlichkeit des Verfahrens ein und trennte die Justiz von der Verwaltung. Im August 1846 zurückgetreten, ward er Chefpräsident des Obertribunals, behielt aber bis 1848 auch Sitz und Stimme im Ministerium und trat 1854 in den Ruhestand.

2) Heinrich von, preuß. Kultusminister, Sohn des vorigen, geb. 4. Nov. 1813 in Brieg, gest. 2. April 1874 in Potsdam, studierte 1830–35 die Rechte, kam 1840 als Hilfsarbeiter ins Kultusministerium und wurde besonders bei der Ausarbeitung einer neuen Verfassung der evangelischen Kirche beschäftigt, 1846 auch der Generalsynode als Sekretär beigegeben; damals schrieb er auch eine »Geschichte der evangelischen Kirchenverfassung in der Mark Brandenburg« (Weim. 1846). 1846 vortragender Rat im Kultusministerium, 1849 Mitglied des Oberkirchenrats geworden, half er diese neue Behörde organisieren und ihren Geschäftsbereich abgrenzen. Zugleich bildete sich unter dem Einfluß seiner ehrgeizigen, frömmelnden Gattin Adelheid, geborne v. Goßler (gest. 4. Okt. 1901), eine Hinneigung zum Pietismus aus, die seine liebenswürdigen Eigenschaften, Geist, Gemüt und gesellige Talente, wie sie seine »Gedichte« (Berl. 1842; 2. Aufl., Jena 1879) bekunden, unterdrückte. Als er 18. März 1862 im Ministerium Hohenlohe die geistlichen Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten übernahm, trat er als gewandter Jurist mit wohlgebildeten Phrasen über die Pflichten der von Gott eingesetzten Regierung den ebenfalls vagen Angriffen der Opposition entgegen, tat aber in der eigentlichen Verwaltung seines Amtes im wesentlichen nichts, ging der Entscheidung aller Prinzipienfragen aus dem Wege, kam den kirchlichen Behörden stets in geradezu verderblicher Weise entgegen und gestattete seiner Frau in wichtigen Dingen entscheidenden Einfluß. Immer größer wurde die Mißstimmung gegen ihn, die auch sein schwächlicher Versuch, nach dem Vatikanum der katholischen Hierarchie entgegenzutreten, nicht beschwichtigte. Im Januar 1872 entlassen, schrieb er in Potsdam »Grundlinien einer Philosophie der Staats- und Rechtslehre nach evangelischen Prinzipien« (Berl. 1873).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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