- Lutz
Lutz, 1) Johann, Freiherr von, bayr. Staatsminister, geb. 4. Dez. 1826 zu Münnerstadt in Unterfranken, gest. 3. Sept. 1890 in Pöcking am Starnberger See, Sohn eines Lehrers, studierte 1843–48 in Würzburg die Rechte, wurde 1852 Rechtskonzipient und 1854 Richter beim Kreis- und Stadtgericht in Nürnberg. 1857 war er Protokollführer der in Nürnberg tagenden Konferenz für Bearbeitung eines deutschen Handelsgesetzbuchs, begleitete sie auch nach Hamburg zur Bearbeitung des Seerechts und gab 1861 die Konferenzprotokolle der Handels- und Seerechtskonferenz und einen Kommentar zu dem bayrischen Einführungsgesetz für das allgemeine deutsche Handelsgesetzbuch (Würzb. 1863–66) heraus. Nach seiner Rückkehr nach Bayern als Hilfsarbeiter in das Justizministerium berufen, ward er 1863 Sekretär im Privatkabinett des Königs Max und unter Ludwig II. im Dezember 1866 Chef des Kabinetts. Aber schon 1. Okt. 1867 übernahm L. das Portefeuille der Justiz im Ministerium Hohenlohe, führte unter großen Schwierigkeiten einen neuen Zivilprozeß in Bayern ein und übernahm 20. Dez. 1867 auch das Ministerium des Kultus. Hervorragend an den Verhandlungen über die Begründung des Deutschen Reichs, erst in München, dann in Versailles, beteiligt, verteidigte er den Vertrag vom 23. Nov. 1870 im Dezember 1870 und Januar 1871 vor den bayrischen Kammern. Bei der Neubildung des Ministeriums im August 1871 gab L. die Justiz ab, behielt aber im neuen Kabinett Hegnenberg-Dux das bei dem beginnenden kirchlichen Kampf besonders wichtige Ministerium des Kultus. Zur Abwehr der ultramontanen Herrschaftsgelüste veranlaßte er im November 1871 den Beschluß des sogen. Kanzelparagraphen (s. d.) durch Bundesrat u. Reichstag, der die politischen Ausschreitungen des Klerus im Zaume halten soll. Auch in Bayern selbst trat er der anmaßenden Forderung der Bischöfe, daß die Regierung den Altkatholizismus unterdrücken solle, entgegen, wenngleich die Altkatholiken selbst von seinem durch Rücksichten beschränkten Verhalten nicht zufriedengestellt wurden. Durch die Besetzung der erledigten Bistümer mit gemäßigten, friedliebenden Männern suchte L. den klerikalen Hetzereien ein Ende zu machen, zog sich aber dadurch den Haß der extremen Ultramontanen zu, die ihn im Landtag heftig angriffen und wiederholt vom König seine Entlassung forderten. Der König lehnte dies nicht nur ab, sondern ernannte ihn auch 1880 nach Pfretzschners Rücktritt zum Präsidenten des Ministeriums und versetzte ihn 1884 in den erblichen Freiherrenstand. Auch nach der Entsetzung Ludwigs II. unter dem Regenten Prinz Luitpold blieb L. im Amt und wurde 1886 Mitglied der Reichsratskammer. Erst 21. Mai 1890 nahm er wegen Kränklichkeit seine Entlassung und starb bald darauf.
2) Friedrich, deutscher Politiker, geb. 22. Febr. 1852 in Heidenheim (Mittelfranken), besuchte 1863–1866 die Gewerbeschule, wurde Brauereibesitzer und lebt jetzt als Privatmann in Öttingen. Seit 1887 dem bayrischen Landtag, 1890–95 auch dem deutschen Reichstag angehörig, hielt sich L. zu den konservativen Agrariern, half den Bund der Landwirte gründen, saß mehrere Jahre in dessen Vorstand und gab in Bayern die Anregung zu der im Gange befindlichen Grundentlastung der Bauern. Als Anhänger der Schutzzollpolitik Bismarcks stand er zu letzterm nach seiner Entlassung in persönlichen Beziehungen.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.