- Aórta
Aórta (griech.), die stärkste Arterie (Schlagader) des Wirbeltierkörpers, führt das Blut aus dem Herzen durch ihre Äste und Zweige nach allen Organen des Körpers hin (s. Tafel »Blutgefäße des Menschen«). Beim Menschen entspringt sie als ein beim Erwachsenen reichlich daumendickes Rohr aus der linken Herzkammer, steigt etwas in der Brusthöhle aufwärts (A. ascendens), biegt dann bogenartig (Aortenbogen) nach links und hinten um und läuft dicht vor der Wirbelsäule bis zum letzten Lendenwirbel herab (A. descendens), wo sie scheinbar sich gabelig spaltet und ein Ende findet (s. Blutgefäße). In der Nähe ihres Ursprungs besitzt die A. drei taschenförmige Klappen (Aortenklappen), die das Blut eintreten lassen, nach der Zusammenziehung des Herzens aber mit ihren Rändern sich aneinander legen und den Rückfluß des Blutes ins Herz hindern. Die beim erwachsenen Menschen und Säugetier bestehende Asymmetrie der A. ist beim Embryo nicht vorhanden, vielmehr finden sich hier gewöhnlich fünf Paar Aortenbogen, in die sich die A. gleich an ihrem Anfang teilt, die aber auch wieder zu einer einheitlichen absteigenden A. zusammentreten. Diese Bogen bleiben entweder (bei den Fischen) zeitlebens als Kiemenarterien bestehen, oder wandeln sich zum Teil in andre Gefäße um (z. B. in Lungenarterien), oder gehen ganz zu Grunde. So ist bei den Reptilien stets noch ein rechter und linker Aortenbogen vorhanden, dagegen bei Vögeln und Säugetieren nur während des Eilebens; die erwachsenen Vögel besitzen nur noch den rechten, die Säugetiere den linken Bogen. Auch bei niedern Tieren nennt man die direkte Verlängerung des Herzens A.
Die A. erkrankt am häufigsten an chronischer Entzündung (Atherom der A.), die zu Fettmetamorphose oder Verkalkung führt. Als Ursache gelten Alkoholismus, Gicht, Rheumatismus, Syphilis und chronische Nierenentzündung. Bei mäßiger Intensität des Leidens bietet dasselbe nur die durch die Altersveränderung bedingten Symptome dar. Bei hochgradiger Entzündung leidet das Herz und der Klappenapparat. Die Krankheit kann sich 20 Jahre und länger hinziehen, aber auch viel früher durch Zerreißung, Aneurysma oder andre Krankheiten zum Tode führen. Die Behandlung richtet sich auf Vermeidung von Schädlichkeiten, wie übermäßiger Alkoholgenuß, Aufregungen etc. und ist im übrigen symptomatisch. Akute Entzündung der A. tritt meist sekundär, z. B. nach Verwundung des Brustkorbes, nach Thrombose oder Embolie, auf. Bei zurückgebliebener Entwickelung des Körpers, und zwar am häufigsten beim weiblichen Geschlecht, findet sich allgemeine Verengerung der A., mit der vielleicht die Bleichsucht in gewissem Zusammenhang steht. Neben kräftigender Diät wendet man bei diesem Zustand Mittel an, welche die Leistungsfähigkeit des Herzmuskels steigern. Teilweise Verengerung findet sich angeboren, und wenn die Leistung des Herzmuskels ungenügend ist und der Kollateralkreislauf sich nicht hinreichend ausbildet, so treten Zustände auf wie bei Herzklappenfehlern, die auch wie letztere zu behandeln sind. Verengerung der A. kann auch durch autochthone oder aus einem Aneurysmasack fortgeschwemmte Blutgerinnsel entstehen. Tritt kein genügender Kollateralkreislauf ein, so wird die untere Körperhälfte durch verminderte Blutzufuhr gelähmt, die Temperatur abnorm herabgesetzt und der Tod unter dem Bilde der Gangräna herbeigeführt. Aneurysmen der A. finden sich besonders im mittlern Lebensalter, ihre ersten Anfänge sind oft auf eine übermäßige Anstrengung oder schwere Erschütterung des Körpers zurückzuführen. Als eigentliche Ursache sind aber stets Erkrankungen zu betrachten, welche die Elastizität und Widerstandskraft der Aortenwand vermindern, wie atheromatöse Entartungen (s. oben), Syphilis, Rheumatismus etc. Das Aneurysma kann lange ertragen werden, Heilung ist selten, der Tod erfolgt meist durch Bersten des Sackes. Die Diagnose läßt sich nur auf Grund exakter Untersuchung stellen (Nachweis eines pulsierenden Tumors, einseitiger Kehlkopflähmung, Verschiedenheit des Pulses auf beiden Körperhälften etc., Untersuchung durch Röntgenlicht). Die Behandlung besteht in Beschränkung der Flüssigkeitsaufnahme auf ein eben noch ertragbares Maß, Einspritzung von Gelatinelösungen unter die Haut, Einstechen von Nadeln (Akupunktur) etc. Alle diese Maßnahmen bezwecken, das Blut im Aneurysma zur Gerinnung zu bringen. Es kann dadurch in der Tat zu Heilungen kommen, da die Höhle bis auf ein zentrales Lumen, durch das der Blutstrom geht, ausgefüllt und allmählich zur Schrumpfung gebracht werden kann. Außer diesem immer etwas gefährlichen Verfahren ist eine symptomatische Behandlung, die vorzugsweise die Leistungsfähigkeit des Herzens berücksichtigt, angezeigt. Vgl. Stokes, Die Krankheiten des Herzens und der A. (deutsch, Würzb. 1853); Schrötter, Erkrankungen der Gefäße (Wien 1899).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.