- Knochenmarkentzündung
Knochenmarkentzündung (griech. Osteomyelitis), ein langsam verlaufender Prozeß, der neue Knochensubstanz anbildet und die Markhöhle verengert (innere Hyperostose), oder eine akute Eiterung, die zur Zerstörung des Knochenmarks, oft zum Brande des ganzen Knochens, ja unter unerträglichen Schmerzen zu Eiterfieber und zum Tod führen kann. Die erste chronische Form kommt bei allen veralteten Knochenleiden, namentlich bei Knochenbrand und Knochenfraß, sowie bei Syphilis (Osteomyelitis gummosa) vor. Die akute Form entsteht selbständig, oder sie begleitet Knochenbrüche, Schußwunden, Amputationen, oder sie tritt als Folgekrankheit von Typhus, Scharlach, Pocken und ähnlichen Erkrankungen auf. Abgesehen von letztern Fällen ist vorwiegend der Staphylococcus pyogenes aureus als Erreger der K. aufgefunden worden. Die akute, sich nicht an Verletzungen anschließende K. befällt vorzugsweise die Gegend der langen Röhrenknochen, wo Epiphyse und Diaphyse aneinander stoßen. Es sind dies die Stellen des Knochens, an denen das rascheste Wachstum vor sich geht. Dort bilden sich Eiterherde, in denen der Staphylococcus gefunden wird. Es scheint also, daß der physiologische Wachstumsreiz die Wirkung des pathologischen Reizes verstärkt. So gelang es bei jungen Kaninchen, ohne Verletzung der Knochen durch Einspritzung von Staphylococcus-Kultur in eine Vene akute K. zu erzeugen, und zwar fanden sich die osteomyelitischen Eiterherde immer an der Epiphysenlinie. Daher befällt die akute K., deren Ursprung infolge der Unkenntnis der Eingangspforte der Staphylokokken in vielen Fällen dunkel ist, besonders noch in der Wachstumsperiode begriffene Personen. Die K. geht meistens unter hohem Fieber und mit schwerer Störung des Allgemeinbefindens einher; durch Aufnahme der Eitererreger in das Blut kann leicht tödliche Allgemeininfektion (Pyämie, Eiterfieber) mit embolischen Abszessen in Nieren, Milz, Lunge zustande kommen. Am Knochen selbst kommt es leicht zu Nekrose und zu Epiphysenlösung. Die akute K. ist mit absoluter Ruhigstellung, Eisbeuteln und Morphium zu bekämpfen; Abszesse müssen eröffnet werden; hohes Fieber ist ein Zeichen dringender Gefahr; in diesem Fall ist weder Resektion der erkrankten Knochenstücke noch Amputation ganzer Glieder zu scheuen.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.