Morphĭum

Morphĭum

Morphĭum (Morphīn) C17H19NO3, Alkaloid, findet sich im Milchsaft der Samenkapseln des Mohns (Papaver somniferum), am reichlichsten kurz vor der Reise, und in dem aus dem Milchsaft gewonnenen Opium. Auch in P. orientale, P. Rhoeas und in Argemone mexicana kommt M. vor. Bestes Ovium enthält bis 23 Proz., im Mittel 10–12 Proz. M. Zur Darstellung wird der wässerige Auszug des Opiums mit Chlorcalcium versetzt, gereinigt, verdampft, zur Kristallisation gebracht und aus der Lösung der Kristalle (Hydrochloride des Morphiums und Kodeins) das M. durch Ammoniak gefällt. Dies bildet farb- und geruchlose, bitter schmeckende, in 10,000 Teilen kaltem, in 400 Teilen kochendem Wasser, in Alkohol leichter lösliche Kristalle und 1 Molekül Kristallwasser, reagiert alkalisch, ist nicht flüchtig und dreht die Polarisationsebene nach links. M. ist eine tertiäre Base, bildet mit starken Basen salzartige Verbindungen und mit Säuren meist kristallisierbare, geruchlose, sehr bitter schmeckende, in Wasser und Alkohol lösliche Salze, von denen besonders das salzsaure C17H19NO3.HCl medizinisch benutzt wird. In ammoniakalischer Lösung oxydiert sich M. leicht an der Luft. Beim Erhitzen von M. mit Salzsäure auf 140° entsteht Apomorphin (s. d.), beim Erhitzen mit Jodmethyl und alkoholischer Natronlösung Morphiummonomethyläther (Kodeïn), beim Erhitzen mit Zinkstaub Phenanthren, beim Erhitzen mit Ätzkali Protokatechusäure und Methylamin. Ein Zersetzungsprodukt des Morphiums, das Dimethyloxäthylamin, gibt bei Behandlung mit Jodmethyl Cholin. M. wirkt auf freiliegende Nervenendigungen etwas reizend. Innerlich erregt es in kleinen Gaben das Gehirn zu angenehmen phantastischen Vorstellungen von kurzer Dauer, betäubt und lähmt jedoch sehr bald, wenn größere Dosen genommen werden. Es wirkt lähmend auf die Zentren der bewußten Empfindung und der willkürlichen Bewegungen im Gehirn. In bestimmter Gabe erzeugt es Schlaf, der sich vom physiologischen nicht unterscheiden läßt. Während des Morphiumschlafes sinkt die Körpertemperatur. Die Tätigkeit des Atmungszentrums und des Rückenmarks wird herabgesetzt. Das Gefäßsystem wird von den gewöhnlichen schlafmachenden Gaben nicht beeinflußt, größere lähmen das Herz. Im Darmkanal vermindert M. schon in kleiner Dosis Empfindung und Bewegung. Tödlich wird es durch Lähmung des Gehirns, der Atmung und zuletzt des Herzens. Die tödlichen Dosen schwanken bei Menschen, die an M. nicht gewöhnt sind, zwischen 0,06 und 1 g. Namentlich Kinder bis zum 5. Lebensjahr sind äußerst empfindlich gegen M. Bei Vergiftungen mit M. entleert man den Magen durch Magenpumpe und Brechmittel, macht kalte Übergießungen und gibt starken Teeaufguß oder Tannin. Man benutzt M. sehr allgemein als schmerz- und krampfstillendes, beruhigendes Mittel, bei Schlaflosigkeit, Geistesstörungen, Atemnot, Husten, bei Verdauungsstörungen, Diabetes etc. Von Derivaten des Morphiums soll das Benzylmorphin (Peronin) beim Husten der Schwindsüchtigen Vorteile vor Kodeïn haben. Salzsaurer Morphinäthyläther (Dionin) scheint an Wirksamkeit zwischen M. und Kodeïn zu stehen und wird bei Phthisikern als reiz- und hustenlinderndes Mittel, bei Krebs, Gelenkrheumatismus, Rückenmarksschwindsucht, Atemnot etc. angewandt. Diacetylmorphin (Heroin) wurde bei Lungen- und Herzkrankheiten, auch bei Neuralgien empfohlen. Vgl. Rosenbach, M. als Heilmittel (Berl. 1904).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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