- Kassationshof
Kassationshof (Kassationsgericht, franz. Cour de cassation), ein Obergericht, das lediglich darüber entscheidet, ob in einer Prozeßsache die Vorschriften der Gesetzgebung gewahrt sind. Das Kassationsgericht befaßt sich also nicht mit der Tatfrage, nicht mit der tatsächlichen Feststellung des Rechtshandels, sondern nur mit der Rechtsfrage. In Frankreich hieß der K. früher Conseil du roi, und seine Funktionen waren in dem zum Teil noch jetzt gültigen Reglement vom 28. Juni 1738 bestimmt; durch Dekret vom 1. Dez. 1790 wurde der K. eingesetzt. Seine wichtigste Aufgabe ist die Wahrung der Einheit der Rechtsprechung. Er teilt sich in eine Kammer, die über die Zulassung entscheidet (Chambre de requêtes), eine Zivilkammer (Chambre de cassation civile) und eine Strafkammer (Chambre de cassation criminelle). Wenn auch unter anderm Namen und mit mancherlei Abweichungen von dem französischen System, wurde das Institut des Kassationsgerichts nach und nach in allen deutschen Staaten eingeführt. Die heutige Zivil- und Strafprozeßordnung kennt dagegen nur die Revision (s. d.). In Österreich entscheidet der oberste Gerichts- und K. über Nichtigkeitsbeschwerden gegen Strafurteile der Gerichtshöfe. Der deutschen Revision hinwiederum entspricht ziemlich genau das Rechtsmittel des englischen Rechtes, das seit Erlaß der Judicature Acts von 1881 unter dem Namen Appeal gegen die Entscheidungen des Court of Appeal zulässig ist und an das House of Lords als obersten Nationalgerichtshof führt.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.