- Hufeisen
Hufeisen, in der Regel stabförmige und nach der Gestalt des Tragerandes des Hufes gebogene Eisenstücke, die zum Schutz und zur Gesunderhaltung des Hufes dienen. Von dem vordern Teil des Hufeisens (Zehenteil, Schuß) geht ein äußerer und ein innerer Schenkel (Arm, Rute, Stange) ab, deren Enden Schenkelenden genannt werden. Die obere Fläche, auf welcher der Huf ruht, ist die Huffläche, die untere, dem Erdboden zugekehrte Fläche die Bodenfläche des Hufeisens. Nach Form, Beschaffenheit Bestimmung, Herstellung etc. unterscheidet man stollenlose Eisen, Stolleneisen, Griffeisen, geschlossene Eisen, Greifeisen, Streicheisen, Dreivierteleisen, halbmondförmige Eisen, Jagdeisen, Renneisen, Gewichtseisen, Falzeisen, Stempeleisen, Gußeisen, Fabrikhufeisen, Eisen mit Beistollen und Eisen mit verdicktem innern Zehen-, bez. Seitenteil. Zur Herstellung von H. wird in der Regel Eisen verwendet; Aluminium, Aluminiumbronze und Phosphorbronze haben sich der geringen Haltbarkeit, der schwierigen Bearbeitung und des hohen Preises wegen nicht eingebürgert. Die H. werden jetzt meistens aus gutem Schweißeisen (Hurfstab) oder aus Façonhufstab, der mit Falz und Abdachung versehen ist, angefertigt. Seit etwa 35 Jahren sind neben den handgeschmiedeten auch fabrikmäßig hergestellte H. im Gebrauch. Diese kommen als Stempel- und Falzeisen in den verschiedensten Größen und Formen in den Handel und werden aus Walzeisen (Schweißeisen) in Maschinen gepreßt oder als Temperguß erzeugt. Die sogen. Strick- oder Taueisen bestehen aus Gußeisen. Sie stellen Kasteneisen dar, die aus einem nach unten offenen Rahmen bestehen. In diesen Rahmen werden entsprechend lange und gut geteerte Taue gelegt, die durch am Boden angebrachte Stifte in der Lage erhalten werden. Die Taueisen sind als Steg- oder Schlußeisen im Gebrauch. An Stelle des Taues sind auch Einlagen von Holz, Gummi, Drahtgeflecht, Binsen etc. empfohlen, jedoch als unpraktisch verworfen worden. Die Taueisen sind leicht, verhindern teilweise das Ausgleiten auf glatten Fahrstraßen und brechen den Stoß. Da die Taueisen höher sind als geschmiedete, werden die Hufe mehr vom Erdboden entfernt und so ihrer natürlichen Bestimmung entzogen. Daher sollten die Taueisen nur in Verbindung mit Hufeinlagen (s. d.) zur Verwendung gelangen. Neben den Taueisen sind bei Kutschpferden in Städten mit glatten Fahrstraßen noch Polster- und Platteneisen im Gebrauch. Bei erstern sind die Schenkel durch einen breiten, kastenartigen Steg verbunden, in den eine Filz- oder Korkplatte eingepreßt wird. Die Platteneisen unterscheiden sich von den Polskereisen nur dadurch, daß in dem kastenförmigen Gehäuse eine entsprechend große Eisenplatte sitzt, die durch eine eiserne oder kupferne Schraube in der Mitte befestigt wird. Der frei bleibende Sohlenabschnitt der Bodenfläche wird in der Regel noch mit einer Kork- oder Filzeinlage ausgefüllt. Über die Geschichte des Hufeisens s. Hufbeschlag.
Das H. spielt in der germanischen Mythologie, wohl mit Bezugnahme auf den Schimmelreiter Odin und den ebenfalls berittenen Balder, eine bedeutsame Rolle und wurde und wird noch heute als Übel abwendendes und schützendes Abzeichen auf den Schwellen, am Türpfosten oder über der Tür neugebauter Häuser und Leonhardskirchen (hier als Weihgeschenk) angenagelt. Es mußte aber ein gefundenes H. sein. In England war früher kaum eine Stalltür ohne H. zu treffen. Heutzutage werden kleine H. aus Gold, Bronze etc. häufig auch als Schmuck getragen, meist aber in Verbindung mit andern Emblemen des Rennsports. Sehr häufig findet man das Hufeisenzeichen auf großen erratischen Blöcken eingemeißelt, und es sind wohl ein halbes Hundert solcher Steine in Deutschland bekannt. Man nennt sie gewöhnlich Karlsteine (wie zu Rosengarten bei Harburg) oder Roßtrappen (s. d.) und erzählt Sagen von einer am Orte gewonnenen Schlacht, einer durch die Roßtrappe geschlagenen Quelle (Hippokrene), von einem kühnen Sprung oder von daselbst stattfindenden Hexenversammlungen, wobei im letztern Falle die Roßtrappe als Abdruck des teuflischen Pferdefußes (s. d.) angesehen wird. Man hat viel darüber gestritten, ob diese Hufeisenmale Überbleibsel des Odinkultus, vergleichbar den Fußspuren von Buddha, Mohammed etc., Erinnerungen an Schlachten oder, was das Wahrscheinlichste wenigstens für niederdeutsche und angelsächsische Länder scheint, alte Grenzmarken vorstellen und eigentlich Mondbilder sind. Vgl. Chr. Petersen, H. und Roßtrappen (Kiel 1865); Jähns, Roß und Reiter, Bd. 1 (Leipz. 1872); Daul, Illustrierte Geschichte des Hufeisens (Wien 1893).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.