Handwerkskammern

Handwerkskammern

Handwerkskammern, Organe zur Vertretung der Interessen des Handwerks. Die Forderung der Errichtung eigner H. fand sich schon in dem vom Frankfurter Handwerkerparlament aufgestellten Entwurf einer Gewerbeordnung. Sie ist seitdem noch oft und immer dringlicher erhoben worden; denn die Handwerker glaubten in den Handels- und Gewerbekammern (so auch in den in Preußen ins Leben gerufenen Gewerberäten) ihre besondern Interessen nicht genügend gewahrt. Diese Forderung wurde in dem sogen. Handwerkergesetz, einer Novelle zur Reichsgewerbeordnung vom 26. Juli 1897 (Gewerbeordnung, § 103–103 q), befriedigt. Nach diesem Gesetz werden zur Vertretung der Interessen des Handwerks gegenüber der Regierung H. errichtet, welche die Landesregierung für einen von ihr zu bestimmenden Bezirk, und zwar eventuell mit Abteilungen für einzelne Teile des Bezirks oder für Gewerbegruppen errichtet. Die Zahl der Mitglieder wird durch das von der Landeszentralbehörde zu erlassende Statut bestimmt; die Wahlen zu den Kammern und ihren Organen finden alle sechs Jahre statt, alle drei Jahre scheidet die Hälfte der Gewählten aus. Die Mitglieder werden 1) von den Innungen (s. d.) aus der Zahl der Mitglieder, 2) von den sonstigen dem Handwerkerinteresse dienenden Vereinigungen (Gewerbevereinen), wenn sie mindestens zur Hälfte aus Handwerkern bestehen, aus der Zahl ihrer Mitglieder gewählt. Ihre Organe sind die Mitgliederversammlung, Vorstand, Sekretär, Gesellenausschuß und eventuell andre Ausschüsse, die alle unter der Aussicht eines staatlichen Kommissars stehen. Der Gesellenausschuß (s. Gesellenausschüsse) hat mitzuwirken bei Vorschriften über Lehrlingswesen, Gutachten und Berichterstattung über Angelegenheiten, die Gesellen und Lehrlinge berühren, und bei Entscheidung über Beanstandungen von Beschlüssen der Innungsausschüsse. Die Kammern können sich durch Zuwahl von Sachverständigen verstärken, wie anderseits ihre Funktionen schon bestehenden Handels- oder Gewerbekammern übertragen werden können, sofern deren Mitglieder, soweit sie mit Vertretung des Handwerks betraut sind, aus Wahlen von Handwerkern hervorgehen und eine gesonderte Abstimmung der dem Handwerk angehörenden Mitglieder gesichert ist. Den Handwerkskammern liegt insbes. die nähere Regelung des Lehrlingswesens und die Überwachung der Durchführung der für das Lehrlingswesen geltenden Vorschriften ob; sie sind ferner befugt, Veranstaltungen zur Förderung der gewerblichen, technischen und sittlichen Ausbildung der Meister, Gesellen und Lehrlinge zu treffen sowie Fachschulen zu errichten und zu unterstützen. Innungen und Innungsausschüsse sind den Anordnungen der Kammern unterworfen, die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Kammern haben, soweit sie nicht anderweit Deckung finden, die Gemeinden oder höhern Gemeindeverbände zu tragen, die ihre Anteile auf die Handwerksbetriebe umlegen dürfen. Seit 1. April 1900, dem Tag des Inkrafttretens des Gesetzes, sind in Preußen 33, Bayern 8, Württemberg und Baden je 4, in den übrigen deutschen Staaten mit Ausnahme von Sachsen, Bremen, Hamburg und Lübeck, welche Rechte und Pflichten der H. auf die bestehenden Gewerbekammern übertragen haben, je eine errichtet worden. Vgl. Huber, Die Handwerkskammer (Stuttg. 1897); Rohmer, Die Handwerkernovelle (Münch. 1898); Wilhelmi, Das Handwerkergesetz vom 26. Juli 1897 (Berl. 1902); weiter Ausgaben des Gesetzes von Bernewitz, v. Rohrscheidt u. a.; Pape, Die praktische Durchführung der Handwerkernovelle vom 26. Juli 1897 (Leipz. 1902); Neuhaus, Die H., ihre Organisation etc. (das. 1902).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Handwerkskammern — (Handwerkerkammern), öffentliche Organe zur Vertretung der Interessen des Handwerks durch Gutachten, Vorschläge und Eingaben, errichtet durch das sog. Handwerkergesetz von 1897. Die Mitglieder werden auf sechs Jahre aus den selbständigen… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Handwerkskammer — 100 Jahre Handwerkskammern in Deutschland: Briefmarke aus dem Jahr 2000 Eine Handwerkskammer ist eine in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts organisierte Selbstverwaltungseinrichtung des gesamten Handwerks in einem… …   Deutsch Wikipedia

  • WHKT — Der Westdeutsche Handwerkskammertag (WHKT) mit Sitz in Düsseldorf ist der zentrale Dachverband der sieben Handwerkskammern Nordrhein Westfalens. Inhaltsverzeichnis 1 Gründung 2 Mitglieder 3 Aufgaben 4 Organe des Westdeutschen Handwerkskam …   Deutsch Wikipedia

  • Westdeutscher Handwerkskammertag — Der Westdeutsche Handwerkskammertag (WHKT) mit Sitz in Düsseldorf ist der zentrale Dachverband der sieben Handwerkskammern Nordrhein Westfalens. Inhaltsverzeichnis 1 Gründung 2 Mitglieder 3 Aufgaben …   Deutsch Wikipedia

  • Gewerbeordnung [1] — Gewerbeordnung, gesetzliche Zusammenfassung (Kodifikation) des Gewerberechts. – Die gesetzlichen Bestimmungen zur Regelung des Gewerbewesens bezwecken im öffentlichen Interesse und zum Schutz berechtigter Ansprüche teils Förderung, teils… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Handwerkskammer Bremen — Die Handwerkskammer Bremen ist in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts auf dem Gebiet der Freien Hansestadt Bremen die zuständige Handwerkskammer als selbstverwaltete Interessensvertretung und Dienstleister für das ansässige… …   Deutsch Wikipedia

  • Handwerkskammer Dresden — Die Handwerkskammer Dresden ist eine von drei Handwerkskammern in Sachsen und eine von insgesamt 53 Handwerkskammern in der Bundesrepublik Deutschland. Zur Dresdner Kammer gehören nach dem Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) ca.… …   Deutsch Wikipedia

  • Handwerkskammer Rhein-Main — Die Handwerkskammer Rhein Main ist eine von 54 Handwerkskammern in der Bundesrepublik Deutschland mit Sitz in Frankfurt am Main und einer weiteren Verwaltung in Darmstadt. Mit ihren rund 30.000 Mitgliedsbetrieben (31. Dezember 2008), in denen… …   Deutsch Wikipedia

  • Handwerkskammer Wiesbaden — Die Handwerkskammer Wiesbaden ist eine von 53 Handwerkskammern in der Bundesrepublik Deutschland und eine von drei Handwerkskammern in Hessen. Der Sitz der Handwerkskammer ist die Landeshauptstadt Wiesbaden. Eine eigene Geschäftsstelle in Wetzlar …   Deutsch Wikipedia

  • Sächsischer Staatspreis für Design — Der Sächsische Staatspreis für Design ist ein Designpreis, den der Freistaat Sachsen seit 1992 verleiht. Träger ist das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. Die Bedingungen für die Nominierung sind, das die Unternehmen …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”