- Hänel
Hänel, 1) Gustav, Romanist, geb. 5. Okt. 1792 in Leipzig, gest. 18. Okt. 1878, habilitierte sich 1817 in Leipzig und erhielt 1821 eine außerordentliche Professur. Noch in demselben Jahr unternahm er eine siebenjährige wissenschaftliche Reise durch Italien, die Schweiz, Frankreich, Spanien, Portugal, England und die Niederlande, als deren Resultat seine »Catalogi librorum manuscriptorum« (Leipz. 1829–30) und die »Dissensiones dominorum, sive controversiae veterum juris romani interpretum, qui glossatores vocantur« (das. 1834) erschienen. Nach verschiedenen, in den Jahren 1834–37 veröffentlichten Vorarbeiten erschien seine vollständige kritische Ausgabe des »Codex Theodosianus« (Bonn 1837–42), der H. noch eine Ausgabe der »Novellae constitutiones imperatorum Theodosii II., Valentiniani III., Maximi, Majoriani, Severi, Anthemii« (das. 1844) mit den »XVIII constitutiones, quas Jac. Sirmondus divulgavit« folgen ließ. 1838 wurde H. zum ordentlichen Professor ernannt. Sein Hauptwerk ist die nach 76 Handschriften herausgegebene »Lex romana Visigothorum« (Leipz. 1849). Seine letzten größern Arbeiten sind das »Corpus legum ab imperatoribus romanis ante Justinianum latarum« (Leipz. 1857–60), eine Sammlung der außerhalb der Konstitutionen-Kodizes zerstreuten Gesetze der römischen Kaiser, und die Ausgabe von »Juliani epitome latina Novellarum Justiniani« (das. 1873). Seine wertvolle, auch an Handschriften reiche Bibliothek vermachte er der Universitätsbibliothek zu Leipzig.
2) Eduard, Buchdrucker und Schriftgießer, geb. 2. April 1804 in Magdeburg, gest. 16. Ang. 1856 in Berlin, übernahm 1824 die väterliche Buchdruckerei in Magdeburg, brachte 1828 die erste Congrevedruckmaschine (s. Schnellpresse) nach Deutschland und wandte besonders der Pflege des Buntdrucks große Sorgfalt zu. 1830 gründete er eine Schriftgießerei, bei deren Erzeugnissen er namentlich darauf bedacht war, daß sie dem Buchdruck die Mittel geben möchten, mit dem Steindruck konkurrenzfähig zu bleiben, zu welchem Zweck er eine große Anzahl von Polytypen (s. d.) schuf. Auch brachte er 1844 die erste Schriftgießmaschine nach Deutschland und zwar in seine Schriftgießerei in Berlin, wohin er 1838 mit seinem Geschäft übergesiedelt war. Seine Buchdruckerei lieferte musterhafte Farben- und Golddrucke und Wertpapiere und begründete den modernen Akzidenzsatz. Buchdruckerei und Schriftgießerei gingen 1864 an seinen Mitarbeiter Wilh. Gronau über und werden seit dessen Tod 1887 von der Witwe und A. Jürst (seit 1895 in Schöneberg-Berlin) fortgeführt.
3) Albert, Germanist, Neffe von H. 1), geb. 10. Juni 1833 in Leipzig, wo sein Vater Albert Friedrich H. Professor der Medizin war, habilitierte sich daselbst 1858, wurde 1860 in Königsberg außerordentlicher, 1862 ordentlicher Professor und ging 1863 in gleicher Eigenschaft nach Kiel. Erst Mitglied der schleswig-holsteinischen Landespartei, ward er nach der Annexion der Herzogtümer durch Preußen Mitbegründer der liberalen Partei, die ihn 1867 zugleich in das Abgeordnetenhaus und in den Reichstag des Norddeutschen Bundes, dann in den deutschen Reichstag sandte. Seit 1874 Vizepräsident des Reichstags, 1876 auch des Abgeordnetenhauses, gehörte er zu den Führern der deutschen freisinnigen, frühern Fortschrittspartei. Bei deren Spaltung im Frühjahr 1893 trat er der »freisinnigen Vereinigung« bei, unterlag jedoch bei der Reichstagswahl desselben Jahres, nachdem er seinen Sitz im Abgeordnetenhause schon bei den Wahlen 1888 verloren hatte. 1898–1903 hat er nochmals dem Reichstag angehört. Er schrieb: »Das Beweissystem des Sachsenspiegels« (Leipz. 1858); »Decisiones consulum Goslariensium« (das. 1862); »Die Garantien der Großmächte für Schleswig« (das. 1864); »Das Recht der Erstgeburt in Schleswig-Holstein« (Kiel 1864); »Zur Frage der stehenden Gefälle in Schleswig-Holstein« (mit Seelig, das. 1870–73, drei Beiträge); »Studien zum deutschen Staatsrecht« (Leipz. 1873–88, 2 Tle. in 3 Heften); »Deutsches Staatsrecht«, Bd. 1 (in Bindings »Systematischem Handbuch der deutschen Rechtswissenschaft«, das. 1892); »Das Kaisertum« (akademische Rede, Kiel 1892). Mit Th. Lesse gab er heraus: »Die Gesetzgebung des Deutschen Reichs über Konsularwesen und Seeschiffahrt« (Berl. 1875). Auch beteiligte er sich als Mitarbeiter an der beim Bundestag eingereichten »Nachweisung des Erbrechts Herzog Friedrichs VIII. auf die Herzogtümer Schleswig-Holstein« (Kiel 1865).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.