Gurke

Gurke

Gurke (Cucumis sativus L., Kümmerling, Kukumer; das Wort G. seit etwa 15. Jahrh. nachweisbar, vom poln. ogurek oder böhm. okurka, abzuleiten vom spätgriech. ἀγγούριον), einjährige steifhaarige Pflanze aus der Familie der Kukurbitazeen (s. Cucumis) mit spitz fünfeckig gelappten, am Grunde tief und schmal herzförmig eingeschnittenen Blättern, kurzgestielten tiefgelben Blüten, von denen die männlichen zu 4–5, die weiblichen einzeln oder paarig stehen, walzigen und etwas stumpf dreiseitigen, oft mit Warzen besetzten, erst weiß und grün gescheckten oder dunkelgrünen oder fast ganz weißgrünen, zuletzt bei voller Reise gelben Früchten mit zahlreichen weißen Samen, ist wahrscheinlich in Ostindien heimisch. Durch die Kultur sind viele Spielarten entstanden, von denen aber nur die Feldgurke im großen kultiviert wird. Die gewöhnlichste gute Sorte für das freie Land ist die mittellange, grüne, volltragende G. Auch weiße Gurken sind zu empfehlen und als die frühesten die sogen. Trauben- und russischen Netzgurken, z. B. die Walzengurke aus Chiwa und die Pariser Traubengurke (s. Tafel »Gemüsepflanzen IV«, Fig. 10). Die Feldgurke verlangt warme, sonnige Lage, einen lockern, humusreichen, qut gedüngten, gleichmäßig feuchten Boden und gedeiht am besten in lehmigem Sandboden; man baut sie nach gut gedüngter Hackfrucht, pflügt im Herbst oder Frühling, bestellt im April die Beete und sät, wenn die Nachtfröste vorüber sind. Man legt die Samen (wenn man gießen kann, nach zwölfstündigem Einquellen in Wermut- oder Walnußblätterausguß) in 60–70 cm weiten Reihen 8 cm voneinander in Furchen mit Kompost oder verrottetem Pferdemist 1,5–2,5 cm tief. Nach Entwickelung des dritten Herzblättchens stellt man die Reihen auf 40 cm Weite und sorgt, bis die Pflanzen zu ranken beginnen, für Reinigung und Lockerung des Erdreichs. Dann häufelt man die Pflanze an, lockert den Boden abermals und verteilt die Ranken ganz gleichmäßig. Die Haupternte fällt in den August. Samengurken zieht man an solchen Stöcken, die am frühesten und reichsten angesetzt haben. Nachdem die gelb gewordenen Gurken in geschützten Raumen erweicht sind, nimmt man die Kerne samt dem Brei heraus, läßt die Masse 4–6 Tage stehen, trennt dann die Samen auf einem Sieb durch Ausgießen von Wasser und trocknet sie möglichst schnell. Zur Aussaat nimmt man nur drei- bis vierjährige Samen. Man erntet von 1 Hektar ca. 100,000 Stück. Im Garten erzielt man bei früher Aussaat in geschützterer Lage und durch Begießen mit warmem Wasser frühzeitige Früchte. Sehr allgemein werden Gurken auch in Mistbeeten und Gewächshäusern getrieben. Geeignete Sorten sind Blue Gown, Marquis of Lorne, Ruhm von Erfurt, von Quedlinburg, Arnstädter Riesenschlangen, Berliner Aalgurke etc. Zur Frühtreiberei im nächsten Jahr macht man im August von reichtragenden Pflanzen Stecklinge. – Die Gurken sind sehr arm an festen Bestandteilen: sie enthalten etwa 1,5 Proz. eiweißartige Körper, 0,73 Proz. Zucker, 2,27 Proz. sonstige stickstofffreie Substanzen, 0,69 Proz. Zellulose, 0,48 Proz. Mineralstoffe und 94,17 Proz. Wasser. Der Nahrungswert ist also sehr gering, und in dem unreifen Zustand, in dem die Gurken zum bei weitem größten Teil gegessen werden, erregen sie leicht Aufstoßen, Blähungen etc. Sie bilden indes in verschiedenen Zubereitungen (Gurkensalat, gekocht, saure oder Salzgurken, Senfgurken, Pfeffergurken [kleine, unentwickelte Früchte], Zuckergurken) eine sehr beliebte Speise und spielen namentlich in Mittel- und Süddeutschland und in Rußland eine bedeutende Rolle. Lübbenau im Spreewald mit mehr als 300,000 Schock im Jahr, Erfurt, Quedlinburg, Diemnitz, Großmachnow, Naumburg, Zeitz, Liegnitz, Kalbe, Ulm treiben bedeutenden Gurkenbau. Früher benutzte man das Fleisch sowie die mild schmeckenden Samen auch in der Medizin. Gurkenbrei, mit Alkohol mazeriert und dann destilliert, gibt die Gurkenessenz, die man zur Bereitung von Gurkenhautpomade, einem beliebten Mittel, die Haut geschmeidig zu erhalten, benutzt. Die echte Schlangengurke (C. flexuosus L). aus Ostindien, hat schwach gelappte, kreisrunde Blätter, in Büscheln stehende gelbe Blüten, grünschalige, walzenrunde, gekrümmte, am vordern Ende dünne, am hintern Ende keulenartig verdickte Früchte und kann wie die andern Gurken benutzt werden. – Kukurbitazeenfrüchte waren schon den Alten bekannt, doch ist jetzt ungemein schwer zu entscheiden, ob in den bezüglichen Stellen Kürbisse oder Gurken gemeint sind, zumal Abweichungen, Ausartungen, Übergänge bei diesen Früchten sehr groß und häufig sind. Sie stammen wohl aus Südasien. Die Juden kannten Gurken und Kürbisse in Ägypten, bei Homer und Hesiod werden aber diese Früchte noch nicht erwähnt. Die Stadt Sikyon, die ihren Namen von der G. hat, heißt bei Hesiod noch Mekone. Wahrscheinlich kamen Kürbisse und Gurken erst im 5. Jahrh. v. Chr. nach Griechenland und vielleicht ebenso früh nach Italien. Diese G. des Altertums war aber eine große, jetzt nicht mehr gebaute Art, die zur Erfrischung gegessen, auch je nach dem Stadium der Reise gesotten und gebraten wurde. Unsre G. tritt im frühen Mittelalter zuerst in Byzanz auf, kam dann zu den Slawen und wohl nicht vor dem 17. Jahrh. nach Deutschland. Vgl. Weise, Melonen-, Gurken- und Champignongärtner (6. Aufl. von Hartwig, Weim. 1895); Barfuß, Die G., ihre Kultur etc. (Neudamm 1894); Lange, Gurke, Melone, Kürbis etc. (Berl. 1900); Aderhold, Untersuchungen über das Einsauern von Gurken (das. 1899).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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