Gastein

Gastein

Gastein, rechtes Seitental des Salzachtals in Salzburg, Bezirksh. St. Johann, erstreckt sich an der Nordseite der Hohen Tauern vom Ankogel (3263 m) und dem Mallnitzer oder Naßfeld-Tauern (2414 m) 45 km lang in nördlicher Richtung und wird von der Gasteiner Ache durchflossen, die mehrere Wasserfälle bildet und bei Lend durch die 4 km lange großartige Gasteiner Klamm in die Salzach mündet. Das Tal bildet den Gerichtsbezirk G. mit 4 Gemeinden, 21 Ortschaften und (1900) 4440 Einw. Der höchst gelegene Ort ist Böckstein, 1127 m ü. M., an der Vereinigung des Naßfeldes und des Anlauftals, mit Kirche, Poch- und Amalgamierwerk für das goldführende Erz des südlich sich erhebenden, 2684 m hohen Radhausbergs und (1900) 299 Einw. 4 km weiter unterhalb liegt Wildbad G., 1046 m ü. M., am Fuß des Graukogels (2491 m), zu beiden Seiten der Ache, die hier zwei Wasserfälle (einen obern von 63 und einen untern von 85 m Höhe) bildet und die Betriebskraft für die elektrische Beleuchtung liefert. Wildbad G. ist einer der berühmtesten Kurorte Europas, hat eine katholische und eine (dem deutschen Kaiser gehörige) protestantische Kirche, ein Kurhaus mit Wandelbahn, ein Spital für arme Kranke und (1900) 678 (als Gemeinde 1659) Einw. Die seit alter Zeit bekannten Thermen umfassen 16 Quellen mit einer Temperatur von 39–49° und geben zusammen täglich gegen 43,000 hl Wasser. Das Wasser von G. ist sehr rein, geruch- und geschmacklos und enthält in 1000 Teilen nur etwa 0,38 feste Bestandteile, hauptsächlich schwefelsaures Natrium (Zusammensetzung s. Tabelle »Mineralwässer VIIIa«). In Form von Bädern angewendet, ist das Wasser vorzüglich wirksam bei Nervenkrankheiten, Gicht, Rheumatismus, Nieren- und Blasenleiden sowie bei allen Zuständen, die auf Erschöpfung der Nervenkraft beruhen. Die Zahl der Kurgäste beträgt jährlich 8–9000. Das Klima hat alpinen Charakter und ist infolge der geschützten Lage des Ortes verhältnismäßig mild. Spaziergänge bilden die Kaiserpromenade mit dem Denkmal Kaiser Wilhelms I., die Kaiserin Elisabeth-Promenade mit Gedenktafel für die Kaiserin, die Pyrkerhöhe, die Schwarzenberg-Anlagen, die Erzherzog Johann-Promenade etc. 8 km unterhalb des Wildbades liegt der Marktflecken Hofgastein, 869 m ü. M., am Fuße des Gamskarkogels (2465 m), Hauptort des Tales und Sitz des Bezirksgerichts, mit einer gotischen Pfarrkirche, einem 1832 von Ladislaus Pyrker, Erzbischof von Erlau, gestifteten Militärspital (ehemaliges Gewerkenhaus), einem Denkmal Franz' I. und (1906) 835 (mit der Landgemeinde 2065) Einw. Das Quellwasser von Wildbad G. wird durch eine 1828 hergestellte Röhrenanlage hierher geleitet. Hofgastein war im 15. u. 16. Jahrh. Sitz eines blühenden Gold- und Silberbergbaues. 9 km nördlich liegt Dorf-G., 836 m ü. M., mit (1900) 217 (als Gemeinde 716) Einw. An der Mündung des Tales liegt an der Staatsbahnlinie Bischofshofen-Wörgl das Dorf Lend mit Karbidfabrik und 437 Einw. Gegenwärtig ist die durch das Tal führende Alpenbahn Schwarzach-G.-Sachsenburg im Bau. – G. fiel nach dem Aussterben der Herren von Peilstein (1219) an Bayern und kam 1297 durch Kauf an Salzburg. Schon Herzog Friedrich von Österreich, nachmaliger deutscher König, gebrauchte die Bäder von G. 1436 gegen eine schwere Verwundung des Schenkels mit glücklichem Erfolg. Im 16. und 17. Jahrh. erfreute sich G. bereits zahlreicher Besucher. In neuester Zeit ist G., das häufig vom deutschen Kaiser Wilhelm I. besucht wurde, durch den Vertrag (Gasteiner Konvention) vom 14. Aug. 1865 bekannt geworden, der durch Teilung der Verwaltung der eroberten Elbherzogtümer auf kurze Zeit das gespannte Verhältnis zwischen Preußen und Österreich verdeckte und den Ausbruch des Krieges zwischen ihnen verzögerte (s. Deutschland, S. 826). Vgl. Bunzel, Wildbad G. (7. Aufl., Wien 1894); Pröll, Das Bad G. (5. Aufl., das. 1893); Schider, G. für Kurgäste und Touristen (10. Aufl., Salzb. 1899); Wassing, Der Kurort Wildbad G. (2. Aufl., Wien 1899); Wick, Die warmen Quellen und Kurorte Gasteins (3. Aufl., das. 1902); Gager, Bad G. (3. Aufl., Berl. 1903); v. Härdtl, Gasteiner Chronik (Salzb. 1876).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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