- Garantiegesetz
Garantiegesetz ist die übliche kurze Bezeichnung für die durch das italienische Verfassungsgesetz vom 13. Mai 1871 garantierten Vorrechte des Papstes und des Heiligen Stuhles sowie die Beziehungen des Staates zur Kirche. Die wichtigsten sind: dem Papst kommen die Ehrenrechte eines Souveräns, insbes. Unverletzlichkeit und rechtliche Unverantwortlichkeit, sowie der Vortritt vor den katholischen Souveränen, also auch dem König von Italien, zu. Die Paläste und überhaupt jeder Aufenthalt des Papstes innerhalb Italiens sind immun, bez. exterritorial, eine Rechtsstellung, die auch dem Konklave und den ökumenischen Konzilen eingeräumt ist. Kein italienischer Staatsbeamter darf in die Paläste des Papstes eindringen, kein italienisches Gericht kann ein Urteil über den Papst sprechen, geschweige denn vollstrecken lassen. Dem Papst ist ferner das Recht ungeschmälert geblieben, eine Leibwache zu halten; nicht minder die Freiheit seiner Korrespondenz, zu welchem Behuf er ein eignes bevorzugtes Post- und Telegraphenamt besitzt; die vom Papst ausgehenden oder an ihn gerichteten Postsendungen und Telegramme genießen nach allen Richtungen dieselben Vorrechte wie jene des Königs und der italienischen Staatsbehörden. Ferner hat der Papst aktives und passives Gesandtschaftsrecht, in der Weise, daß den beim päpstlichen Stuhl beglaubigten Gesandten dieselben Privilegien gewährt werden wie den bei der italienischen Regierung akkreditierten Vertretern auswärtiger Staaten. Die ausschließlich mit geistlichen Geschäften betrauten päpstlichen Beamten und Behörden sind, solange sie sich innerhalb ihres Wirkungskreises halten, den italienischen Gesetzen gegenüber nicht verantwortlich. Endlich ist die Dotation des Papstes in der Weise geordnet, daß eine immerwährende, auch während einer Sedisvakanz zu zahlende, unveräußerliche Jahresrente von 3,225,000 Frank im großen Schuldbuch des Staates auf den Namen des Heiligen Stuhles vorgetragen ist; dieselbe erfreut sich der Steuerfreiheit. Letztere Vergünstigung ist auch für die päpstlichen Paläste, Villen und sonstigen Grundstücke gewährt; diese sind auch der Zwangsenteignung entzogen, anderseits sind aber auch die päpstlichen Sammlungen für unveräußerlich erklärt. Von seinem vorerwähnten Rentenbezugsrecht hat der Heilige Stuhl bis jetzt noch keinen Gebrauch gemacht; der italienische Staat betrachtet sich jedoch noch stets als Schuldner der längst fälligen Beträge. Vgl. Geffcken, Die völkerrechtliche Stellung des Papstes (Berl. 1885).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.