Fuß [1]

Fuß [1]

Fuß (Pes), der unterste Abschnitt des Beines beim Menschen und Affen oder der Hintergliedmaße bei den übrigen Wirbeltieren (mit Ausnahme der Fische), wird vielfach auch für die Gliedmaßen oder deren untern Teile bei den wirbellosen Tieren gebraucht, mißbräuchlich auch soviel wie Bein. Der F. besteht aus Fußwurzel, Mittelfuß und Zehen. Erstere erfährt in der aufsteigenden Wirbeltierreihe eine Reduktion ihrer Skeletteile. Bei den Amphibien und Reptilien kann die Fußwurzel (tarsus) aus 10 Knochen bestehen, von denen 3 (tibiale, intermedium, ulnare) in einer proximalen (dem Körper genäherten), 2 in der Mitte (centralia) und 5 (tarsalia) in einer distalen (vom Körper entfernten) Reihe gelagert sind. Die Zahl 10 kann sich durch Verschmelzung der beiden centralia schon bei den Amphibien auf 9 verringern. Durch Verschmelzung einzelner Fußwurzelknochen unter sich oder mit den Phalangen, bez. mit den distalen Enden der Unterschenkelknochen erfolgt bei den Reptilien und Vögeln eine weitgehende Reduktion, so daß Fußwurzelknochen als selbständige Skelettstücke bei ihnen kaum oder nur in beschränktem Maße bestehen bleiben. Starke Reduktionen können auch bei den Säugetieren eintreten, so daß die Zahl der Fußwurzelknochen vermindert wird. Beim Menschen besteht die Fußwurzel aus 7 Knochen: 2 in der proximalen Reihe (Sprung- und Fersenbein), einem mittlern Knochen (Kahnbein) und 4 in der distalen Reihe (3 Keilbeine und 1 Würfelbein), da das Sprung-, Fersen- und Würfelbein (s. unten) je zwei verschmolzene Knochen darstellen. Wie am Mittelfuß können Rückbildungen und Verschmelzungen von Knochen auch am übrigen F. vorkommen, besonders bei Reptilien und Vögeln, jedoch ebenfalls bei den Säugetieren, speziell bei den Huftieren. Dies gilt von den Zehen (digiti) und besonders von dem Mittelfuß (metatarsus), dessen einzelne Knochen sich in diejenigen der Zehen (Phalangen) fortsetzen, ganz ähnlich wie die Mittelhandknochen in die Finger (bei der großen Zehe 2, bei den übrigen 3, s. Hand). Über die Umwandlung des Fußes zum Huf bei den Huftieren, zur Flosse bei den Flossentieren s. die betreffenden Gruppen; Über die Füße der Vögel s. d. Die Zehen (s.d.) sind gleich den Fingern am Endgliede oben meist mit Nägeln (s.d.) bedeckt. – Beim Menschen und seinen nächsten Verwandten (s. Tafel »Skelett I«, Fig. 1 u. 2, und Tafel III, Fig. 9 u. 10) ist das Fersenbein (calcaneus) sehr weit nach hinten verlängert (Ferse) und stellt so den größten Fußknochen dar; auf ihm ruht das Sprungbein (talus, astragalus), das zwischen die beiden Knöchel des Schien- und Wadenbeins eingeschaltet ist und somit die Verbindung des Fußes mit dem Unterschenkel, d. h. das Sprunggelenk oder Fußgelenk im engern Sinn, herstellt (s. Bein). An das vordere Ende des Fersenbeins reiht sich das Würfelbein (os cuboides) am äußern Fußrand und an das vordere Ende des Sprungbeins das Kahnbein (os naviculare) am innern Fußrand an. Die vordere Fläche des Kahnbeins wiederum verbindet sich mit den drei Keilbeinen (ossa cuneiformia). Die fünf Knochen des Mittelfußes sind unter sich wie mit den vorhergehenden Knochen durch Bänder (s. Tafel »Bänder des Menschen II«, Fig. 4–6) fest verbunden, nur die große Zehe zeigt eine größere Beweglichkeit, indem sie von den übrigen Zehen entfernt und ihnen genähert werden kann, was bei Fischern, Naturvölkern und handlosen Menschen sogar bis zu einer Verwendung dieser Zehe zum Greifen gehen kann; noch mehr gilt dies für die Affen, die ihre im Bau dem Menschenfuß entsprechenden Füße wie Hände gebrauchen (Greiffuß). Die Affen sind wie die Menschen Zweihänder (Bimanen, Primaten), nur im physiologischen Sinne können sie als Vierhänder bezeichnet werden. Greiffüße finden sich auch bei Halbaffen und kletternden Beuteltieren. Über die Bewegung des Fußes und der einzelnen Knochen sowie über die Muskulatur etc. s. »Bein« und die Tafeln »Muskeln«; »Nerven II«, Fig. 6 u. 7; »Blutgefäße«, Fig. 5. Der F. bildet ein flaches Gewölbe, das nur in drei Punkten (Fersenbein und den Enden des ersten und fünften Mittelfußknochens) ausruht und so die Last des ganzen Körpers zu tragen hat. Der F. der Haussäugetiere wird Hand (s.d.) genannt. – Von den Erkrankungen des Fußes sind außer Knochen- und Gelenkerkrankungen besonders die angebornen oder erworbenen Mißbildungen und Formveränderungen zu erwähnen, wie der Plattfuß, der Pferde- oder Spitzfuß, der Hackenfuß, der Klumpfuß (s. die einzelnen Artikel). Häufige Fußleiden sind das Hühnerauge (s.d.), die Frostbeulen, die gichtische Erkrankung des Großzehengelenkes (Podagra). Bei angestrengtem Gehen, besonders bei marschierenden Soldaten findet sich häufig das auf einem Bruch eines Mittelfußknochens beruhende Fußödem (s.d.). Kalte Füße sind eine bekannte Klage vieler Menschen, die auf allgemeiner Blutarmut, auf trägem Blutkreislauf infolge mangelnder Bewegung oder Schlagadernerkrankung älterer Leute (Arteriosklerose), ferner auf unzweckmäßiger Bekleidung (zu enge Stiefel, enge Strumpfbänder) und auf nervösen Störungen beruhen kann. Bewegung, kräftige Abreibung mit kaltem Wasser, abwechselnde kalte und warme Fußbäder, Einreibung mit spirituösen Lösungen (Franzbranntwein) sind hier nützlich. Über feuchte Füße s. Fußschweiß. Vgl. v. Meyer, Studien über den Mechanismus des menschlichen Fußes (Jena 1883–86,2 Hefte); L. Schaffer, Hygiene und Ästhetik des menschlichen Fußes (Wien 1886); Beely und Kirchhoff, Der menschliche F., seine Bekleidung und Pflege (Tübing. 1891); Hoffa, Der menschliche F. und seine Bekleidung (Würzb. 1899).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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