Frankenthal

Frankenthal

Frankenthal, 1) Stadt im bayr. Regbez. Pfalz, an der Isenach und einem 4,4 km langen Kanal nach dem Rhein, Knotenpunkt der pfälzischen Eisenbahnlinien Neunkirchen-Worms, F.-Großkarlbach und Freinsheim-F., nahe der tiefsten Stelle des Königreichs Bayern (76 m ü. M.),

Wappen von Frankenthal.
Wappen von Frankenthal.

hat 2 evangelische und eine kath. Kirche, Synagoge, eine romanische Kirchenruine mit schönem Portal, ein schönes Rathaus, 2 interessante Tore, Denkmal der Napoleonischen Veteranen, schönes Kriegerdenkmal, Luitpoldbrunnen, Statue der Königin Karoline, Progymnasium, eine Reallehranstalt, Taubstummenanstalt, ein Erkenbertmuseum (vgl. unten), 2 Waisenhäuser, Kreiskranken- u. Pflegeanstalt, Landgericht, Bezirksamt, Reichsbanknebenstelle, Bezirksgremium für Handel und Gewerbe, Zuckerfabrik, Fabrikation von Armaturen, Maschinen, Dampfkesseln, Schnellpressen, Schulbänken, Fässern, Korken, Puppen, Möbeln, Zementwaren, Turngeräten, Malz, Seife etc., Glockengießerei (Kaiserglocke in Köln hier entstanden), Eisengießerei, Bierbrauerei, Wein-, Eisen- und Holzhandel und (1900) 16,899 Einw., wovon 6553 Katholiken und 373 Juden. Zum Landgerichtsbezirk gehören die sechs Amtsgerichte zu Dürkheim, F., Grünstadt, Ludwigshafen, Neustadt a. H. und Speyer. – F. kommt schon als Dorf Franconodal im 8. Jahrh. vor. Der Kämmerer Erkenbert von Worms stiftete 1119 hier ein Augustiner-Chorherrenstift; Kurfürst Friedrich III. von der Pfalz hob es 1562 auf und schenkte dessen Besitz teilweise an 60 protestantische emigrierte Familien aus den Niederlanden, die sich hier niederließen. Johann Kasimir erhob 1577 die Kolonie zur Stadt, Kurfürst Friedrich IV. machte sie zu einer Festung. 1621 wurde F. von den Spaniern belagert, von Ernst von Mansfeld jedoch entsetzt; aber 1623 fiel es durch Vertrag den Spaniern in die Hände, welche die Stadt mit Ausnahme von 1632–35, wo sie von den Schweden besetzt gehalten wurde, bis 1652 behielten. 1688/89 eroberten und verbrannten die Franzosen F., die Festung wurde geschleift, und erst nach 1697 erstand die Stadt wieder. Unter Kurfürst Karl Theodor war F. kurpfälzische Hauptstadt mit berühmter Porzellanfabrik. Von 1798–1814 gehörte F. zum französischen Departement Mont-Tonnerre. Vgl. Wille, Stadt und Festung F. während des Dreißigjährigen Krieges (Heidelb. 1877); Hildenbrand, Geschichte der Stadt F. (1893). – Die Porzellanfabrik in F. wurde 1755 von dem Straßburger Fayencefabrikanten Paul Anton Hannong gegründet und 1762 an den Kurfürst von der Pfalz Karl Theodor verkauft, der den Former Adam Bergdoll aus Höchst als Direktor einsetzte. Diesem folgte 1770 Modellmeister Simon Feylner aus Fürstenberg (Braunschweig). 1795 wurde die Fabrik an Peter v. Reccum verkauft, der sie 1800 nach Grünstadt verlegte. Die besten Modelleure der Fabrik waren Konrad Link (1732–1802) und Joh. Peter Melchior, der von 1779–93 in F. tätig war. Die besten Erzeugnisse der Porzellanfabrik von F. sind vortrefflich modellierte und höchst lebendig aufgefaßte Figuren und Gruppen aus dem Leben der Zeit (Herren und Damen, Liebespaare, Jäger, Bauern, Handwerker und Kinder) und mythologische u. allegorische Gruppen im Rokokogeschmack (Götter, Weltteile, Jahreszeiten u. dgl.), die nur von den Meißener Arbeiten übertroffen werden.

Frankenthal.
Frankenthal.

Die Formen des Gebrauchsgeschirrs und der Prunkvasen sind z. T. von Sèvres und Meißen beeinflußt. Die Fabrikmarken waren 1755–59 ein steigender Löwe in Blau mit und ohne P H (Paul Hannong), 1759–62 J H (Joseph Hannong) und seitdem die obenstehende (Carl Theodor). Vgl. Heuser, Frankenthaler Gruppen und Figuren (Speyer 1899). – 2) Wallfahrtsort, s. Vierzehnheiligen.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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