- Fleischbrühe
Fleischbrühe (Bouillon, franz., spr. bujóng oder būljóng), durch Kochen mit Wasser erhaltener Auszug aus Fleisch, der alle löslichen und die beim Kochen nicht gerinnenden Bestandteile desselben enthält. Am schnellsten erhält man kräftige F., wenn man gehacktes Fleisch mit dem gleichen Gewicht kalten Wassers aufsetzt und nach kurzem Kochen abgießt. Soll das Fleisch genießbar bleiben, dann setzt man das ganze Stück mit kaltem Wasser auf und erhitzt sehr langsam, damit die löslichen Fleischbestandteile Zeit finden, in das Wasser überzugehen (gute F., schlechtes Kochfleisch). Bringt man dagegen Fleisch in siedendes Wasser und kocht sogleich weiter, so gerinnt das in den äußern Fleischschichten enthaltene Eiweiß u. hindert den Austritt der löslichen Fleischbestandteile, man erhält gutes Kochfleisch, aber schlechte F. Sehr empfehlenswert zur Bereitung von F. ist ein Dampfkochtopf, in dem die Flüssigkeit eine höhere Temperatur erreicht und sich sogar etwas von der sonst unlöslichen Fleischfaser zu lösen scheint. Beim Kochen der F. gerinnt das aufgenommene Eiweiß und das Hämoglobin und scheidet sich in bräunlichen Flocken aus. Bei anhaltendem Kochen wird die Brühe durch Umbildung gewisser Fleischbestandteile aromatischer, auch verwandeln sich die bindegewebigen Teile des Fleisches in Leim, und das geronnene Eiweiß geht z. T. auch wieder in einen löslichen und verdaulichen Körper über. Anhaltend gekochte F. besitzt demnach einen gewissen Nahrungswert (sie enthält etwa 2 Proz. Trockensubstanz, wovon rund vier Fünftel aus organischen Stoffen bestehen), während nur kurze Zeit gekochte und dadurch ihres Eiweißgehaltes beraubte, aber noch nicht leimhaltig gewordene F. überhaupt nur 1,5 Proz. lösliche Stoffe enthält und als Nahrungsmittel nicht in Betracht kommen kann. Sie reagiert schwach sauer, enthält Kreatin, Xanthin, Hypoxanthin, Karnin, auch Leim, Fett und von den Salzen des Fleisches hauptsächlich Kaliumphosphat, Kalk- und Magnesiasalze und etwas Chlornatrium. Je größer der Leimgehalt (wenn anhaltend gekocht oder mit zerschlagenen Knochen bereitet), um so vollmundiger ist die F. Sie wirkt wesentlich nur anregend auf die Abscheidung der Verdauungssäfte, die Herz- und Nerventätigkeit und ist deshalb für Kranke u. Rekonvaleszenten von großem Wert, ebenso als Einleitung zu einer größern Mahlzeit. Für letztern Zweck eignet sich besonders Rindfleischbrühe, für Kranke die Brühe von Kalbfleisch und Geflügel. Eine der frischen F. ähnliche Flüssigkeit kann man durch Lösen von Fleischextrakt (s.d.) und Salz in Wasser herstellen. Zu demselben Zweck dienen die Bouillontafeln (Suppentafeln, Tafel- oder Taschenbouillon). Man stellt sie aus einer Fleischsorte oder aus einer Mischung mehrerer Fleischsorten her, indem man z. B. 6 kg mageres Rindfleisch, 3 kg Kalbfleisch, 3–4 alte Hühner, 4 Kalbsfüße, 1 Ochsenfuß und 1 kg magern rohen Schinken hackt und mit 17 Lit. Wasser 8–10 Stunden kocht, die Brühe durchseiht, absetzen läßt, nach Beseitigung des Fettes zur Sirupskonsistenz verdampft und in flache Gefäße dünn ausgießt. Die nach dem Erkalten gelatinierte Masse zerschneidet man in kleine Täfelchen, die man auf Papier, besser auf einem Netz aus dünnen Fäden an einem kühlen Orte völlig trocknen läßt. Man erhält ungefähr 500 g Bouillontafeln, von denen 8 g zu einem Teller Suppe genügen. Zu deren Bereitung läßt man die Bouillontafeln im Wasser zergehen, setzt die üblichen Suppenkräuter hinzu und läßt einmal aufwallen. Auch Saucen kann man auf diese Weise aus Bouillontafeln darstellen. Die Bouillontafeln (vgl. Fleischextrakt) sind sehr in Mißkredit gekommen, weil sie häufig aus fast nichts als Leim bestanden, parfümiert mit dem Brataroma des Fleisches. Eine leichtverdauliche und nahrhafte, weil eiweißreiche F. für Kranke wird nach Liebig auf folgende Art bereitet: Man hackt 250 g frisches Rind- oder Hühnerfleisch, mischt es mit 560 g destilliertem Wasser, 4 Tropfen reiner Salzsäure und 2–4 g Kochsalz und gießt nach einer Stunde das Ganze durch ein Haarsieb. Den zuerst ablaufenden trüben Teil gießt man zurück, bis die Flüssigkeit ganz klar abfließt. Auf den Fleischrückstand im Sieb schüttet man in kleinen Portionen 250 g destilliertes Wasser nach. Man erhält so etwa 500 g Flüssigkeit von roter Farbe und angenehmem Fleischbrühgeschmack. Sie darf nicht erhitzt werden, da sie sich in der Wärme trübt und ein dickes Gerinnsel von Blutfarbstoff und Eiweiß absetzt.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.