Finne [2]

Finne [2]

Finne, 1) Hautfinne, Cysticercus cutis, die sehr seltene Entwickelung von Bandwurmlarven, welche die Darmwand durchbohrt haben und in die Blutbahn gelangt sind, im Unterhautbindegewebe. Man findet dabei oft sehr viele rundliche, glatte, linsen- bis walnußgroße knorpelharte, unter normaler Haut auf der Fascie frei bewegliche Geschwülste. Sie können lange Jahre unverändert bleiben. Exstirpation ist das einzige Heilmittel. – 2) Alter Name der Acne (Akme) genannten Hautkrankheit, die durch Zurückhaltung des Hauttalgs in den Talgdrüsen und Entzündung des Drüsenbalges sowie der angrenzenden Lederhaut veranlaßt wird, daher gewöhnlich als Sekretionsanomatie in den Talgdrüsen beginnt und dann in Eiterung und Pustelbildung übergeht. So pflegen die sogen. Komedonen oder Mitesser, durch Stockung des verdickten Drüsensekrets entstanden, häufig zu Aknepusteln sich weiterzubilden und gleichzeitig neben letztern zu erscheinen (punktierte Akne). Die Aknepusteln sind meist isoliert stehende, rote, fleischige, konische Anschwellungen der Haut, auf deren Spitze sich kleine, mit Eiter gefüllte Pusteln erheben. Sie kommen vornehmlich an Stellen, die reich an Talgdrüsen sind, vor: im Gesicht, auf der Stirn und an den Nasen flügeln, in der Jochbeingegend, auf dem Rücken und der Brust. Die Aknepustel braucht 4–8 Tage zu ihrer Ausbildung; berstet sie und ergießt sie ihren Inhalt, so vertrocknet dieser zu einer dünnen bräunlichen Schuppe, nach deren Abfallen die blaurot gefärbte knotige Erhabenheit der Haut sehr langsam verschwindet. Die Behandlung besteht in häufigen Waschungen mit Bimsstein-, Marmor- oder Schwefelseife, um die Verstopfung der Drüsenausführungsgänge zu verhüten; mit Vorliebe wendet man auch Mittel an, die eine rasche Abstoßung der Oberhaut, also auch des Hauttalges bewirken, wie Schwefelpasten und -Salben; Eiterpusteln kann man durch Einschnitt und Auskratzen mit dem scharfen Löffel behandeln. Innerlich wird Arsenik gebraucht. Daß zu häufiger oder seltener Geschlechtsgenuß die Akne befördert, ist unrichtig; die weitverbreitete Annahme, daß bestimmte Speisen (Käse) sie hervorrufen, wird gestützt durch die Beobachtung vermehrter Darmfäulnis bei Akne. – 3) Finnen der Haustiere. Finnen, im allgemeinen alle Blasen würmer, besonders aber diejenigen, in denen sich nur ein Bandwurmkopf entwickelt, also die Cysticercen (vgl. Bandwürmer). Cysticercus pisiformis (F. der Taenia serrata des Hun des) bewohnt die Hafen- und Kaninchenleber. C. tenuicollis (F. der Taenia marginata des Hundes) findet sich am Bauchfell des Schweines. C. cellulosae und C. inermis, die Finnen der beiden beim Menschen schmarotzenden Bandwürmer Taenia solium und T. inermis (T. saginata, mediocanellata) entwickeln sich in der Muskulatur, erstere des Schweines, letztere des Rindes. Nur sie haben eine Bedeutung dadurch, daß sie beim Menschen den Bandwurm erzeugen können. Sie sollen daher durch die Fleischschau ausgemerzt werden. Alle Vorschriften etc., welche die Finnen oder Finnigkeit der Schweine und Rinder betreffen, beziehen sich nur auf diese Finnen, nicht auf den ganz unschuldigen C. tenuicollis. Den befallenen Tieren selbst schaden die Finnen auch in großer Zahl nichts, so daß von einer Finnenkrankheit nicht gesprochen werden kann. Die Finnen entstehen aus den Bandwurmeiern, die mit den menschlichen Exkrementen ausgeschieden werden. Schweine und Rinder können also nur dadurch sinnig werden, daß sie an Orte gelangen, die durch Exkremente verunreinigt sind, oder daß sie verunreinigtes Futter verzehren. Genießen anderseits Menschen mit Finnen durchsetztes Fleisch, so entwickelt sich bei ihnen der Bandwurm. Die Bandwurmgefahr wird daher nicht bloß da abnehmen, wo das sinnige Fleisch dem Verkehr entzogen wird, sondern auch da, wo eine Verstreuung menschlicher Entleerungen auf Hof- und Weideplätzen nicht stattfindet, oder wo namentlich Schweine in abgeschlossenen Ställen und Laufhöfen gehalten werden und nicht in die Nähe von Aborten etc. kommen. Gerade aus letzterm Grunde sind Finnen und damit Bandwurm, wie die Fleischschaustatistik zeigt, in manchen Gegenden mit primitivern Gewohnheiten etc. viel häufiger als anderwärts. Nach der Statistik der preußischen Schlachthöfe kam in Preußen ein sinniges Schwein 1894 noch auf 284 geschlachtete, 1900 dagegen nur eins auf 1500, d. h. die Schweinefinnen sind seit sechs Jahren auf ein Fünftel ihrer frühern Häufigkeit zurückgegangen, eine Wirkung der Fleischschau. Rinderfinnen wurden dagegen 1900 schon unter 158 Rindern einmal gefunden, also fast zehnmal so häufig als Schweinefinnen, während noch vor wenigen Jah ren absol ut und relativ viel weniger ermittelt wurden, nicht weil die Rinderfinne häufiger geworden ist, sondern weil man sie früher nicht entdeckte (s. unten), so daß die Wirkung der Fleischschau sich hierbei erst in Zukunft bemerktich machen kann. Die im Magen aus den Bandwurmeiern frei werdenden Embryonen verstreuen sich beim Schwein mehr oder wen iger im Fleisch (bevorzugt Zunge, Hals, Flankenmuskeln) und werden binnen zehn Wochen zu erbsengroßen Finnen. Ihre Zahl schwankt zwischen einzelnen und vielen Tausenden. Die Rinderfinne findet sich dagegen meist nur in wenigen Exemplaren, befällt aber stets zuerst den innern Kaumuskel. Seit dies (1890) bekannt ist, wird dieser Muskel speziell untersucht, und seitdem werden so viele sinnige Rinder ermittelt. Ost sterben die Fin nen von selbst ab, verkalken und sind dann unschädlich. – Bezüglich der Behandlung des Fleisches finniger Schweine u. Rinder schreiben die Ausführungsbestimmungen des Bundesrates vom 30. Mai 1902 zum Reichsfleischschaugesetz folgendes vor: starkfinniges Fleisch (exklusive Fett) ist untauglich (und gesundheitsschädlich) und muß beseitigt werden; schwachfinniges Fleisch muß vor dem Verkauf gekocht, gedämpft, gepökelt oder 21 Tage im Kühlhaus aufbewahrt werden (Abtötung der Finnen). Findet sich (bei Rindern häufig) nur eine F., so ist das Fleisch auf der Freibank roh zu verkaufen. (Ein veralteter Ausdruck für Finnen ist Aussatz der Schweine.)


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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