- Fabriken
Fabriken (v. lat. fabrica, »Werkstätte«) sind Anstalten für den gewerblichen Großbetrieb (Fabrikindustrie), in denen unter Durchführung einer weitgehenden Arbeitsteilung und gewöhnlich auch unter Anwendung von Maschinen und Motoren, gleichzeitig und regelmäßig eine größere Anzahl von Arbeitern in geschlossenen Räumen beschäftigt wird. Von der Hausindustrie (s.d.) unterscheiden sie sich dadurch, daß deren Arbeiter in ihrer eignen Wohnung oder Werkstatt auf Rechnung des Unternehmers beschäftigt werden. Dagegen gibt es keine scharfe Grenze zwischen F. und Handwerk, obwohl diese Scheidung in rechtlicher Beziehung nicht belanglos ist. Im allgemeinen unterscheiden sich die erstern vom letztern dadurch, daß bei ihnen die Produktion auf größerm Umfang ruht, deswegen mehr und kostspieligere Maschinen verwendet werden und die Arbeitsteilung weiter ausgedehnt ist. Der Unternehmer oder dessen Vertreter arbeitet nicht wie der Handwerksmeister neben und mit seinen Arbeitern, sondern befaßt sich gewöhnlich nur mit der Leitung des Betriebs. Der Verkehr zwischen Unternehmer und Arbeiter ist nicht wie beim Handwerk ein unmittelbar persönlicher und mündlicher. Der Geselle des Handwerks will und kann auch meistens später selbst Meister werden, der Arbeiter der Fabrik kann, schon weil die große Zahl dies mit sich bringt, nur ausnahmsweise Fabrikant werden. In der Regel findet in der Fabrik kein festes, die gesamte Ausbildung der jugendlichen Arbeiter zum selbständigen Betrieb eines Geschäfts bezweckendes Lehrverhältnis statt. Das Bedürfnis nach gesetzlicher Regelung der gewerblichen und Arbeitsverhältnisse ist bei dem Handwerk nicht der gleichen Art wie bei F. Als Unterscheidungsmerkmal beider dient der Gesetzgebung meist die Größe des Betriebs, manchmal unter Berücksichtigung auch andrer Momente. Die deutsche Gesetzgebung überläßt streitige Fälle der Entscheidung der Behörden, verlangt jedoch (Gesetz vom 1. Juli 1891) bei F., die mindestens 20 Arbeiter beschäftigen, den Erlaß einer Arbeitsordnung. Das französische Gesetz vom 22. März 1841 über die Kinderarbeit rechnet alle Betriebe, in denen mehr als 20 Arbeiter zusammen in einer Werkstatt beschäftigt werden, zu den F. Die österreichische Gewerbeordnung von 1883, bez. ein kaiserlicher Erlaß vom 18. Juli 1883 bestimmen, daß als F. solche Unternehmungen anzusehen seien, in denen in geschlossenen Werkstätten gewöhnlich mehr als 20 Arbeiter beschäftigt werden; doch werden auch andre Merkmale: Benutzung von Maschinen, Arbeitsteilung, Stellung des Unternehmers in Betracht gezogen. Licht- und Schattenseiten der Fabrikindustrie sind im allgemeinen diejenigen des Großbetriebs überhaupt (vgl. Gewerbebetrieb). Gesetzgebung und Verwaltung der frühern Zeit begünstigten vielfach die Entstehung von F., die in das Zunftwesen nicht eingegliedert werden konnten. Eine Bevorzugung der F. gegenüber dem Handwerk ist heute schon deswegen untunlich, weil, wo Groß- und Kleinbetrieb miteinander in Wettkampf treten, der erstere dem letztern ohnedies überlegen ist. Vgl. Pott, Handbuch für technische und kaufmännische Leiter von Fabrikbetrieben (Hamb. 1899); Rebber, Fabrikanlagen (2. Aufl., Leipz. 1901); Trillich, Kaufmännische und technische Fabrikskunde (das. 1900); E. Schmidt, Die Fabrikorganisation (3. Aufl., Stuttg. 1901); Johanning, Die Organisation der Fabrikbetriebe (2. Aufl., Braunschw. 1901); Plotke, Fabrik und Handwerk, ihre Trennung in der deutschen Reichsgewerbeordnung etc. (Berl. 1903); über Fabrikbuchhaltung die Schriften von Röhrich (2. Aufl., Leipz. 1900), Pachmann (3. Aufl., das. 1896), Günther (das. 1901), Feuerstein (einfache und doppelte, beide das. 1901) u. a.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.