Dodōna

Dodōna

Dodōna, berühmtes Heiligtum des Zeus im alten Epirus, lag am Berg Tomaros in der Landschaft Hellopia, ca. 18 km südwestlich von Janina im heutigen Tal von Tscharakovista, beim Dorf Alpochori, wo es 1875 der Grieche K. Karapanos auffand. Der Sitz des Gottes, neben dem als sein Weib auch Dione (s. d.) verehrt wurde, war eine heilige Eiche mit eßbaren Früchten, und aus dem Rauschen ihrer Wipfel wie aus dem Gemurmel der heiligen Quelle, die an ihrem Fuß entsprang, deutete man seinen Willen; erst in der Folge kam dazu eine künstlichere Art der Weissagung vermittelst des sogen. dodonäischen Erzes, eines Weihgeschenkes der Kerkyräer in Form eines Beckens. Der dodonäische Zeus genoß im frühen Altertum die ausgebreitetste Verehrung; selbst Krösus schickte Gesandte zu diesem Orakel. Auch neben Delphi behielt D. den Ruf seiner Heiligkeit, insbes. bei den Bewohnern der Westküste von Hellas. Die Athener wendeten sich namentlich hierher, wenn ihnen die Pythia wegen ihrer Hinneigung zu den Doriern verdächtig erschien, z. B. vor dem Zug nach Sizilien. Mit dem Emporblühen des molossischen Reiches im Anfang des 4. Jahrh. v. Chr. erhob sich D. noch einmal zu neuem Glanz, doch nur bei den westlichen Stämmen. Im Kriege der Ätolier gegen Makedonien steckte der ätolische Feldherr Dorimachos die Hallen in Brand, vernichtete die Weihgeschenke und zerstörte den Tempel (219 v. Chr.). Auch die Römer verheerten im zweiten Makedonischen Krieg diese Gegenden. So war zu Strabons Zeit (20 n. Chr.) das Orakel verschwunden; dagegen berichtet Pausanias, daß zu seiner Zeit (2. Jahrh. n. Chr.) dasselbe wiederhergestellt gewesen sei, auch die alte Eiche, der älteste Baum Griechenlands, noch gestanden habe. Zu Claudianus' Zeit (400 n. Chr.) war das Orakel verstummt; indes wird noch 516 ein Bischof von D. genannt. Die Ruinen umfassen: 1) die Akropolis, ein unregelmäßiges Viereck, mit Mauern von 3,25–5,8 m Dicke und einem einzigen Tor; 2) das Theater, südöstlich davon, eins der größten und besterhaltenen Griechenlands, an den Hügelabhang gelehnt und nach S. zu offen, mit 45 Sitzreihen in zwei Rängen, deren unterer 29 Reihen umfaßt, während der obere deren 16 hat; 3) die heilige Umfriedigung, östlich vom Theater, südöstlich von der Akropolis, ein sehr unregelmäßiges Oblongum von 225 m Länge und durchschnittlich 130 m Breite. Die nördliche Hälfte liegt etwas höher und enthält Reste eines Zeustempels und zweier wahrscheinlich für Zwecke des Orakels bestimmter Gebäude. Die südliche Hälfte, 110 m lang, 105 m breit, ist von Doppelmauern umgeben und umschließt ein Aphrodite-Heiligtum und zahlreiche Postamente von Weihgeschenken, Statuen etc. Die Ausgrabungen ergaben außer zahlreichen Bronzefiguren etc. 24 bronzene Weihgeschenke an den dodonäischen Zeus, an Dione und Aphrodite (mit Inschriften), 45 Inschriften auf Kupfer- und Bronzetafeln, 662 Münzen, dazu Tempelgeräte, Waffenstücke u.a. Das wichtigste aber ist eine einzig dastehende Sammlung von 84 Inschriften auf Bleitäfelchen, die Anfragen an das Orakel und einige nicht zu enträtselnde Antworten desselben enthalten und von hohem kulturgeschichtlichen Interesse sind. Nicht nur Städte und Völker, wie z. B. die Tarentiner und ein epirotischer Stamm, bitten darin das Orakel um Rat für ihr politisches Verhalten, sondern auch die nichtigsten Privatangelegenheiten, wie Wäschediebstähle und bevorstehende Entbindungen, werden dem Gott vorgetragen. Vgl. K. Karapanos, Dodone et ses ruines (Par. 1878, 2 Bde.).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Dodona — in Epirus Blick auf die Ruinen der Tempelanlagen von Dodona …   Deutsch Wikipedia

  • Dodona — Dodona,   griechisch Dodone, alte Kultstätte und Orakelheiligtum des Zeus und der hier als seine Gemahlin verehrten Dione, im Epirus südwestlich von Ioannina (Griechenland). Das Orakel vernahm man im Rauschen der heiligen Eiche des Zeus, dem… …   Universal-Lexikon

  • DODONA — civitas Epiri, in regiunc, Molossia, iuxta quam propinquum erat nemus Iovi sacrum, querneum totum, ubi Iovis Dodonei templum fuisle dicitur, et in eo oraculum omnium, quae apud Graecos fuêrunt, vetustissimum. Quod autem columbas in ea silva… …   Hofmann J. Lexicon universale

  • Dodōna — (a. Geogr.), Stadt in Molossis (Epiros), nach Dodōnos, Sohn der Europa, od. nach Dodōne, Tochter des Zeus u. der Europa genannt, auf welchem auch die heilige Quelle Anapauomene (die gegen Mittag bis zum Vertrocknen ab u. dann wiederzunahm), lag… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Dodona — Dodōna, altgriech. berühmtes Orakel und Heiligtum des Zeus im alten Epirus; seinen Willen deuteten Priesterinnen aus dem Rauschen der heiligen Eiche …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Dodona — Dodona, das älteste griech. Orakel, pelasgischen Ursprungs; es lag in Epirus am Berge Tomarus, gehörte in späterer Zeit den Thesprotern u. Molossern, war aber nie so besucht wie das ursprünglich hellenische zu Delphi. Der in D. verehrte Gott war… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Dodona — For other uses, see Dodona (disambiguation). Localization of the sanctuary of Dodona. Dodona (Doric Greek: Δωδώνᾱ, Dōdṓnā, Ionic and Attic Greek: Δωδώνη,[1] Dōdṓnē) in Epirus in n …   Wikipedia

  • Dodona — Dodonaean, Dodonean, Dodonian /dohd n ee euhn, deuh doh nee euhn/, adj. /deuh doh neuh/, n. an ancient town in NW Greece, in Epirus: the site of a famous oracle of Zeus. * * * Sanctuary of the Greek god Zeus, located at Epirus. Mentioned by Homer …   Universalium

  • Dodona (genus) — Dodona Dodona durga Scientific classification Kingdom: Animalia …   Wikipedia

  • Dodona's Grove — (1640) is a historical allegory by James Howell, making extensive use of tree lore.[1] James Howell from Dodona s Grove (1641) by Abraham Bosse …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”