Adrianopel [2]

Adrianopel [2]

Adrianopel, befestigte Hauptstadt des gleichnamigen Wilajets (s. oben) in wichtiger, beherrschender Lage an der Mündung der Tundscha und Arda in die Maritza, 49 m ü. M., an der Orientbahn Belgrad-Konstantinopel (mit Abzweigung nach Dedeagatsch), hat enge, krumme, schmutzige Straßen. Bemerkenswert sind: die prachtvolle Moschee Sultan Selims 11. (16. Jahrh.), die von den griechischen Kaisern herrührende Michaelisbrücke und der 600 Schritt lange Basar Ali Paschas. A. hat 71,000 Einw. (darunter 23,000 mohammedanische Türken, 30,000 orthodoxe Griechen und Bulgaren, 6000 Armenier, 8000 Juden), geringe Industrie, besonders Weberei, Fabrikation von Teppichen, Saffian und Quittenkonfekt, ist aber Mittelpunkt des thrakischen Handels. Der in der Nähe gewonnene Wein gilt als der beste in der Türkei. A. ist Sitz eines griechischen Erzbischofs, von zwei bulgarischen und einem armenischen Bischof und eines deutschen Vizekonsuls. – Adrianopels ältester Name ist Uskudama (byzantinisch auch Orestia) als Hauptstadt der thrakischen Bessier. Vom römischen Kaiser Hadrian, der die Stadt verschönerte, erhielt sie ihre jetzige Benennung (Hadrianopolis). In ihrer Nähe siegte Konstantin d. Gr. 3. Juli 323 über seinen Mitkaiser Licinius und schlugen die Westgoten 9. Aug. 378 den Kaiser Valens. Nach ihrer Eroberung 1361 durch Murad I. war sie bis zum Fall Konstantinopels 1453 Residenz der osmanischen Sultane; jetzt noch heißt sie zweite Hauptstadt. Im russisch-türkischen Kriege wurde A. 20. April 1829 durch den Feldmarschall Diebitsch-Sabalkansky erobert, worauf 14. Sept. d. J. unter preußischer Vermittelung der Friede zu A. geschlossen wurde. Die Pforte erhielt alle von den Russen in Bulgarien und Rumelien gemachten Eroberungen zurück. Der Pruth und von dessen Mündung an das rechte Donauufer wurden als Grenze zwischen Rußland und der europäischen Türkei festgesetzt, wogegen das ganze Küstenland des Schwarzen Meeres, von der Mündung des Kuban an bis zum Hafen St. Nikolaus, Kaukasien, der größte Teil des Paschaliks Achalzych, diese Stadt selbst und das Fort Achalkalaki den Russen verbleiben sollten. Die Moldau, Walachei und Serbien blieben unter türkischer Hoheit, erhielten aber eine von Rußland verbürgte Verfassung. Auch trat die Pforte den von den Großmächten 6. Juli 1827 und 22. März 1829 über Griechenland gefaßten Beschlüssen bei. Für die seit 1806 von russischen Kaufleuten erlittenen Verluste erhielt Rußland 11/2 Mill. Dukaten; die 10 Mill. Dukaten Kriegsentschädigungskosten wurden auf 7 Mill. herabgesetzt. Zum zweitenmal wurde A. 20. Jan. 1878 von den Russen besetzt und am 31. daselbst der vorläufige Waffenstillstand zwischen Rußland und der Türkei unterzeichnet.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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