Brustseuche

Brustseuche

Brustseuche der Pferde (Epidemia pectoralis, Pneumonia oder Pneumo-Pleuresia contagiosa equorum) wurde früher mit Pferdestaupe und Skalma (s.d.) unter dem Namen Influenza (s.d.) zusammengefaßt, heute aber nur noch von Laien bisweilen so genannt. Die B. ist eine ansteckende Entzündung einer oder beider Lungen, sehr häufig auch des Brustfelles, die oft das Herz (die Nieren) in Mitleidenschaft zieht. Ansteckung erfolgt von Tier zu Tier (Rekonvaleszenten bleiben lange gefährlich) und durch Zwischenträger; der Ansteckungsstoff, der noch nicht sicher erkannt ist, hält sich im Stalle etc. Empfänglichkeit besteht nicht bei allen, namentlich bei jüngern Pferden; genesene Pferde besitzen Immunität, meist für das ganze Leben. Die vielseitigsten Beobachtungen sind in der Armee gemacht, wo B. alljährlich in den meisten Armeekorps auftritt (2–3000 auf 80,000 Pferde). Die Verluste betragen im allgemeinen 4–7 Proz. der Erkrankten, doch häufen sich unter Umständen auch die schweren und tödlichen Fälle. Oft gehen dem Seuchenausbruch in einem Truppenteil wenig typische Fälle von Katarrh und Lungenentzündung voraus, die noch nicht als B. erkannt werden. Die Inkubationszeit beträgt 5–10 Tage. Symptome: Mattigkeit, oft Husten, dann rasch steigendes Fieber, frequenter Puls, Herzpochen, gelbrote Färbung der Augenlidbindehaut, Appetitlosigkeit, Husten, Atembeschleunigung. Nach wenigen Tagen ergibt die Perkussion Lungendämpfung; es ist im allgemeinen günstiger, wenn diese sich rasch über große Lungenabschnitte ausbreitet, als wenn sie mehr herdweise auftritt. Wenn keine Komplikationen entstehen, ist der Höhepunkt mit dem 6.–8. Tag erreicht, und es tritt unter raschem Sinken des Fiebers deutliche Besserung auf, der jedoch noch eine mehrwöchige Rekonvaleszentenzeit folgt. Zu den gewöhnlichen Komplikationen gehört die Brustfellentzündung mit Ausschwitzung (bis 30 Lit. Flüssigkeit und dicke Massen fibrinöser Gerinnsel), die aber ebenfalls abheilen kann. Die Lungenentzündung kann ferner zum (tödlichen) Absterben kleinerer erkrankter Herde führen. Häufig und lebensgefährlich ist eine entzündliche Mitleidenschaft des Herzmuskels (sehr frequenter Puls). Nach dem Überstehen schwerer B. entwickeln sich oft typische Nachkrankheiten, besonders Sehnen- und Sehnenscheidenentzündungen, ferner innere Augenentzündung, Kehlkopfpfeifen etc. Medikamentöse Behandlung der Patienten ist meist überflüssig (kann bei Brustfellentzündung und Herzschwäche aber angezeigt sein). Die Hauptsache sind günstige hygienische Bedingungen: gute frische Luft, daneben Diät, sehr gute Streu, Ruhe in der Umgebung, Stallpflege. Man sondert daher die Kranken in einem guten, ventilierten, möglichst großen Stall ab, hält sie bei günstiger Witterung sogar im Freien und läßt die kranken Armeepferde häufig biwakieren. Der verseuchte Pferdebestand, auch der noch gesunde Teil, muß gegenüber andern Pferdebeständen zu deren Schutz völlig abgesondert bleiben. In der Armee wird z. B. der betroffene Truppenteil nicht zum Dienst mit andern zusammen herangezogen. Auch das Stallpersonal darf nicht verkehren. Zum verseuchten Bestand gehören alle Pferde, die mit den Kranken in einem Stall gestanden haben oder sonst in Berührung gewesen sein können. Solange in diesem Bestand Erkrankungen vorkommen, ist nicht nur seine dienstliche Verwendung beschränkt, sondern auch die weitere Umgebung gefährdet. Die Ansteckungsgefahr kann erst als beendet gelten, wenn der letzte Patient sechs Wochen lang Rekonvaleszent gewesen ist. Rascher Verlauf des ganzen Seuchenganges ist daher besonders erwünscht. Oft ist aber der Seuchengang schleppend, indem nur vereinzelte, aber immer wieder neue Erkrankungen auftreten. Die gesunden Tiere müssen täglich untersucht werden (Fiebermessung), um neu Erkrankte sofort herauszufinden. Durch die von Hell 1892 empfohlene Impfung mit Blutserum erkrankter Tiere, durch die eine zwar vorübergehende, aber für die Dauer der derzeitigen Ansteckungsgefahr ausreichende Immunität erzielt werden soll, ist eine wesentliche Einschränkung der Seuche meist nicht erreicht worden.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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