Abzahlungsgeschäfte

Abzahlungsgeschäfte

Abzahlungsgeschäfte (Teilzahlungs- oder Ratengeschäfte) heißen die Detailgeschäfte, deren Besonderheit darin besteht, daß die Waren gegen Zahlung des Kaufpreises in (wöchentlichen, monatlichen etc.) Raten, d.h. Teilen der Kaufsumme, abgesetzt werden. Die A. führen gewöhnlich gleichzeitig (daher auch der Name: »Abzahlungsbasar«) Hauseinrichtungsgegenstände, Bekleidungsartikel, Taschenuhren, Schmuckgegenstände, Maschinen (namentlich Nähmaschinen), Bücher, Lose (sogen. Ratenlose) etc. Die A. tauchten in Deutschland zuerst Anfang der 40er Jahre des vorigen Jahrhunderts auf; die ersten Abzahlungsbasare entstanden in den 50er Jahren, ihre jetzige Verbreitung datiert seit etwa 1880. Die große Vermehrung der Abzahlungsbasare und dadurch hervorgerufene Konkurrenz für die übrigen Detailgeschäfte in Verbindung mit den Schäden des Ratenhandels führte in den letzten Jahren zu einer lebhaften Agitation gegen die A. in Deutschland und Österreich. Man tadelt die ungebührliche Verleitung zum Kauf, die bei schlechter Qualität hohen Preise und die vielfach rigorosen und wucherischen Vertragsbestimmungen, namentlich den Eigentumsvorbehalt und die Verwirkungsklausel, die den Verkäufer berechtigen, bei Zahlungssäumnis des Käufers die Ware wieder an sich zu nehmen, ohne die gezahlten Raten zurückgeben zu müssen. Aber auch andre Klauseln, deren Bedeutung der unkundige Käufer nicht zu übersehen vermochte, wurden in den Verpflichtungsurkunden der Käufer (in den Ratenbriefen und Ratenscheinen) aufgenommen. Gegen solche benachteiligende Vertragsbestimmungen wendet sich das deutsche Gesetz über die A. vom 16. Mai 1894. Danach kann sich der Verkäufer zwar den Rückfall des Eigentums bis zur vollständigen Zahlung sichern oder bis dahin das Eigentum vorbehalten, dagegen ist die Verwirkungsklausel, wonach im Falle des Verzugs des Käufers auch die bereits bezahlten Raten vom Verkäufer behalten werden dürfen, für nichtig erklärt. Eine zur Umgehung dieser Bestimmung etwa stipulierte Vertragsstrafe kann, wenn sie zu hoch und noch nicht entrichtet ist, durch Urteil angemessen herabgesetzt werden. Auch die sogen. Fälligkeitsklausel, wonach bei Verzug des Käufers sofort die ganze Restschuld fällig wird, besteht nur dann zu Recht, wenn der Käufer mit mindestens zwei aufeinanderfolgenden Zahlungen im Verzug ist und der Betrag des Verzugs mindestens einem Zehntel des Kaufpreises gleichkommt. Analoge Bestimmungen bestehen auch in Österreich nach Gesetz über die Ratengeschäfte vom 27. April 1896. A. mit Lotterielosen und Prämieninhaberpapieren sind in Deutschland (ebenso in Österreich) strafbar. A. sind auch nach § 56 a der deutschen Reichsgewerbeordnung vom Hausierhandel ausgeschlossen. In Deutschland kann unter Umständen auch das Wuchergesetz vom 19. Juni 1893 auf A. Anwendung finden. Vgl. Cohen, Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Abzahlungsgeschäftes (Leipz. 1891); Lichtenthal, Das Ratenzahlungssystem (Berl. 1891); Fanta, Zur Reform des Ratenhandels in Österreich (Prag 1892); Lazarus, Das Recht des Abzahlungsgeschäftes (Berl. 1898); Mataja, Artikel »A.«, im »Handwörterbuch der Staatswissenschaften«, Bd. 1 (2. Aufl., Jena 1898).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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