Waldklima

Waldklima

Waldklima, die klimatischen Verhältnisse im Walde, auch der Einfluß des Waldes auf das Klima seiner Umgebung; im erstern Fall können schon mäßig große Waldbezirke in Betracht kommen, im letztern nur sehr ausgedehnte Forsten. Unterschiede zwischen Freiland und Wald hängen besonders von der Art und Dichte der Belaubung, Dichte und Höhe des Bestandes, Art der Bodenbedeckung (kahl, Rasen, Unterholz) ab. Die Temperatur im Walde bleibt, da die Einstrahlung durch die Bäume sehr behindert wird, hinter der des Freilandes zurück, während anderseits die Kronen die Ausstrahlung herabsetzen. Daher ist im Walde die tägliche Schwankung der Temperatur geringer, doch höchstens um 3°. Anderseits kann in niedrigen Nadelholzschonungen die Sonne ungehindert den Boden bescheinen und ihn stark erwärmen. Ferner strahlen die Blattoberflächen selbst große Wärmemengen aus und entziehen sie teils ihrer Umgebung, teils dem Boden. Lichtungen zeigen größere Temperaturextreme als das Freiland. Die absolute Feuchtigkeit ist unter und in den Kronen, auch oberhalb größer als in den entsprechenden Höhen über dem Freiland infolge der größern Wasserabgabe des Laubes an die Luft. Während Buchen, Eichen, Ahorn, Linden und Birken innerhalb einer Laubperiode bis zu 70,000 g Wasser pro 100 g Blatttrockengewicht liefern, erreicht der Betrag bei Nadelhölzern höchstens 7000 g unter sonstigen gleichen Verhältnissen innerhalb einer Vegetationsperiode. Bei Windstille können die Unterschiede der absoluten Feuchtigkeit zwischen Feld und Wald bis zu 6 Proz. betragen. Die relative Feuchtigkeit ist im Walde etwas größer als im Freien und nimmt vom Boden nach den Kronen hin ab; der Unterschied zwischen Boden und Kronen schwankt je nach der Bewölkung, der Windbewegung und dem größern oder geringern Feuchtigkeitsgehalte des Bodens zwischen 4 und 20 Proz. Alle diese Unterschiede werden vornehmlich durch den Wind bedingt. Im Walde ist die Windgeschwindigkeit wesentlich geringer als draußen; daher entwickelt sich in lichten Beständen stagnierende Hitze mit großer Schwüle. Den Eindruck der Kühle ruft der Wald hauptsächlich sowohl durch Schutz vor direkter Bestrahlung als auch vor indirekter (vom Boden her) hervor. Die Frage, ob der Wald mehr Niederschlag als das Freiland erhält, ist noch nicht sicher entschieden; der Unterschied kann nur sehr gering sein, da die Niederschlagsbildung fast stets in großen Höhen stattfindet und durch die allgemeine Luftdruckverteilung bedingt ist. Die oft zitierten Beispiele aus Indien und aus der Lüneburger Heide, daß mit der Aufforstung auch die Niederschläge zugenommen haben, sind Trugschlüsse; es ist nur deshalb dort mehr Regen gemessen worden, weil mit dem Höherwachsen des Waldes der Regen ruhiger fiel. Der klimatische Einfluß des Waldes auf seine Umgebung äußert sich zunächst im Festhalten erdigen Bodens auf Gehängen. Wird der Wald abgeholzt, so wird das Erdreich fortgeschwemmt; Überschwemmungen im Tale sind häufiger, die Quellen fließen unregelmäßiger, die Schneedecke taut schnell weg und das Wasser fließt ohne großen Nutzen rasch ab. Wald wirkt regulierend auf die Abfuhr der flüssigen und festen (Schnee) Niederschläge und verhindert allzu rasche Erwärmung. Bei Nebel und Rauhfrost vermag der Wald wegen seiner großen Oberfläche viel Feuchtigkeit zurückzuhalten. Wald schützt durch Stau und Reibung die Umgebung vor heftigen Winden; besonders in Nordamerika hat man die großen schädlichen Folgen der Entwaldung durch kalte und heiße Winde auf Feldern und Plantagen zahlenmäßig festgestellt. Die Behauptung aber, daß der Wald vor Hagel oder Gewittern schütze, hat sich noch nicht erweisen lassen und ist auch wegen der meist großen Höhe der Gewitter- und Hagelwolken wenig wahrscheinlich. Vgl. auch Wald.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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