- Szegedin
Szegedin (spr. ßéggedin), königliche Freistadt und Munizipium mit geordnetem Magistrat im ungar. Komitat Csongrád, am Zusammenfluß der Maros und Theiß, Knotenpunkt der Bahnlinien nach Budapest, Temesvár-Verciorova, Großwardein, Essek-Fiume, Groß-Becskerek, Zenta und Dampfschiffstation, wurde durch die am 11. und 12. März 1879 eingetretene furchtbare Überschwemmung der Theiß und Maros beinahe ganz vernichtet.
5585 Häuser waren teils eingestürzt, teils unbewohnbar geworden, gegen 2000 Menschen sollen in den Fluten ums Leben gekommen sein. Zur Sicherung der Stadt gegen die fast jährlich wiederkehrende Hochflut hat man zwei Dammgürtel und einen 9,5 m hohen Ringdamm errichtet. Die ganze Stadt, für die damals 2,9 Mill. Gulden an Liebesgaben eingingen, wurde nach der Überschwemmung neu erbaut. Das heutige S., der Hauptort des Alföld, ist eine moderne Stadt mit zwei großen, durch mehrere Radialstraßen verbundenen Ringen (körút), breiten, geraden, asphaltierten und bepflanzten Nebengassen, sieben großen Plätzen (darunter der Széchenyiplatz in der Mitte der Stadt) und zahlreichen stilvollen Pracht- und Monumentalbauten, hauptsächlich am Tisza Lajos-Ring. Die hervorragendsten neuen Gebäude sind: mehrere Kirchen, eine Synagoge (mit 60 m hoher Kuppel), das große Rathaus mit imposantem Turme am Széchenyiplatz, das Hotel Tisza (Redoutengebäude), das Justiz-, Post- und Telegraphen- und das Finanzpalais, das Theater mit Kiosk und Stephaniepromenade am Theißkai (an Stelle der 1880 abgetragenen Zitadelle), der prachtvolle Kulturpalast mit der Somogyi-Bibliothek (80,000 Bände) und dem Bild der Überschwemmung von Vágó, die Honvéd- und Infanteriekaserne mit Offizierspavillon, die große Mädchenschule, eine Statue des Dichters Dugonies, eine Honvédstatue, eine Statue L. Kossuths (von Róna), eine Denksäule für den Stromingenieur Bertalan (in Neu-S.), eine Statue des Ingenieurs Vásárhelyi und der Kaiserin Elisabeth (seit 1907). Über die Theiß führt außer der Eisenbahnbrücke eine monumentale eiserne Bogenbrücke (nach dem Plane Gustav Eiffels, samt Brückenköpfen und Auffahrtrampe 591 m lang). S. hat (1901) 102,991 meist magyarische (überwiegend römisch-kath.) Einw. (darunter 3174 Deutsche), viele Fabriken (für Tabak, Spiritus, Seife, Soda, Salami, Zündhölzer, Tuch, Ziegel, Seile etc.), 3 Dampfmühlen, eine Schiffswerft, großen Schiffsverkehr, lebhaften Handel mit Getreide, Holz, Wolle etc., bedeutende Viehzucht sowie Acker-, Tabak-, Wein-, Gemüse- und Paprikabau. Bekannte Szegediner Spezialitäten sind namentlich Paprika, Seife, Tarhonya (gedörrte Mehlspeise) und Taschenmesser. S. besitzt viele Lehranstalten (kath. Obergymnasium der Piaristen, eine staatliche Oberrealschule, höhere Mädchenschulen, Präparandie, Handelsschule, Hebammenschule mit Gebärklinik, Taubstummeninstitut, Knabenheim, Gewerbefachschule für Holz- und Metallindustrie etc.) und 4 Klöster. S. ist Sitz eines Honvéd-Distriktskommandos, einer königlichen Gerichtstafel, eines Gerichtshofs, einer Finanzdirektion und einer Staatsbahnbetriebsleitung und hat ein Tabakeinlösungs- und Tabakmagazin, eine Filiale der Österreichisch-Ungarischen Bank, mehrere neue Militär- und Zivilspitäler und mehrere artesische Brunnen, die für die neue Wasserleitung das Wasser liefern. Ein großer Teil der Bevölkerung hält sich auf den zum Stadtgebiet gehörigen Pußten und Tanyen auf. Auf dem linken Ufer der Theiß liegt der mit S. durch die große Eisenbrücke verbundene Vorort Uj-S. (Neu-S.) mit einem Villenviertel, Volksgarten und Baumschule. – S., schon zu Matthias Corvinus' Zeiten eine von Siegmund und Matthias Corvinus mit Privilegien bedachte ungarische Stadt, fiel 1541 in Solimans II. Gewalt, der sie stärker befestigen ließ. 1686 wurden die Türken vom General Mercy geschlagen und mußten S. räumen. Hier war im Juli 1849 der Sitz der revolutionären Regierung und des Reichstags, bis 3. Aug. Haynaus Sieg bei Szöreg über die Ungarn und dessen Einzug in S. erfolgte. Vgl. die Monographie der Stadt von Reizner (magyar., Szegedin 1884–1900, 4 Bde.).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.