- Sverdrup
Sverdrup, 1) Johan, norweg. Staatsmann, geb. 30. Juli 1816 auf Schloß Jarlsberg, gest. 17. Febr. 1892 in Christiania, studierte daselbst die Rechte und ließ sich 1841 in Laurvik als Anwalt nieder. Im Storthing, dem er seit 1851 ununterbrochen angehörte, bildete er sich allmählich eine große demokratische Partei, die namentlich aus Vertretern der Landbevölkerung bestand und, nach Erlangung der Mehrheit, ihn fast regelmäßig zum Präsidenten des Odelsthings (seit 1862), bez. des Storthings (seit 1871) wählte. An der Spitze dieser »Bauernpartei« begann S. den Kampf gegen das Königtum, das er zu einer bloßen Ehrenstellung herabdrücken wollte. Aus dem Streit über die Zulassung der Minister zum Storthing entwickelte sich 1880 der weitere über das königliche Veto, in dem S. siegte, indem das Kabinett Fr. Stang (s. d. 1) vom Reichsgericht 1884 zur Amtsentsetzung verurteilt wurde. Hierauf zum Ministerpräsidenten ernannt, sah sich S. bald von dem radikalen Teil seiner Anhänger verlassen, mußte daher aus Rücksicht auf die Konservativen, von deren Stimmen er abhängig war, eine gemäßigte Politik einschlagen und wurde, da die Storthingswahlen von 1888 für die Regierungspartei sehr ungünstig ausfielen, im Juli 1889 zum Rücktritt genötigt. Vgl. die Sammlung seiner Reden: »Taler holdte i Stortinget 1851–1881« (Kopenh. 1882); Dahl, Johan S. (Christiania 1899 bis 1904, 3 Bde.).
2) Jakob, norweg. Staatsmann, Neffe des vorigen, geb. 27. März 1845, gest. 11. Juni 1899 in Christiania, machte 1869 daselbst sein theologisches Examen und wirkte dann längere Zeit an einer Volkshochschule als Vorsteher. 1878 zum Pfarrer ernannt und ins Storthing gewählt, war er hier eine kräftige Stütze seines Oheims (s. oben), der ihn 1884 in sein neugebildetes Kabinett aufnahm und auf dessen Politik er einen großen, mäßigenden Einfluß ausübte. 1885 war er Mitglied der Stockholmer Staatsratsabteilung, 1888 Chef des Revisionsdepartements, 1886–87 und 1889 Kulturminister, in welcher Eigenschaft er ein neues Volksschulgesetz durchbrachte. Dagegen scheiterte die von ihm in freikirchlicher Richtung geplante Kirchengemeindereform 1887 mit erdrückender Mehrheit. Nach seinem Rücktritt (1889) Pfarrer in Bergen, gründete er die Partei der »Moderaten«, als deren Hauptführer er seit 1891 im Storthing die radikale »reine« Linke scharf bekämpfte. Im Oktober 1895 in das Koalitionskabinett Hagerup (s. d.) als Kultusminister berufen, bekleidete er dieses Amt bis Anfang 1898 und wurde hierauf zum Bischof des Stifts Bergen ernannt.
3) Otto, norweg. Polarfahrer, geb. 31. Okt. 1855 auf dem Hofe Haarstad in Helgeland, ging mit 17 Jahren zur See, wurde 1878 Steuermann, später Kapitän, schloß sich 1888 der Expedition von Nansen (s. d. 2) über das grönländische Binneneis an und wurde von ihm auch für seine Nordpolexpedition (1893–96) zur Führung der Fram ausersehen. Als Nansen 14. März 1895 die Fram verließ, um mit Hundeschlitten nach dem Norden vorzudringen, übernahm S. die Leitung der Expedition, erreichte auf der Trift nach Norden 19. Okt. bis 15. Nov. mit 85°57' die höchste Breite, trieb dann wieder nach Süden, kam 13. Aug. 1896 unter 81°32' in offenes Wasser und gelangte 20. Aug., 8 Tage später als Nansen, an die norwegische Küste. Danach unternahm S. auf Kosten einiger Privatleute und mit Unterstützung der norwegischen Regierung eine neue Nordpolfahrt mit der Fram zunächst nach dem Nordende von Grönland, gelangte aber im Sommer 1898 nur bis zum Smithsund, von wo er im folgenden Frühjahr zwei Schlittenfahrten nach der Westküste von Ellesmereland machte. Als S. auch im Sommer 1899 nicht über das Kanebecken hinausgelangen konnte, drang er in den Jonessund ein, überwinterte 1899/1900 an der Südküste von Ellesmereland und war zwei Jahre (1900–02) im Belcherkanal vom Eis eingeschlossen. Durch ausgedehnte, in jedem Frühjahr unternommene Schlittenreisen erforschte er dabei die Westküste von Ellesmereland und entdeckte die westlich von ihm liegenden Inseln Axel Heiberg, König Christian und Ellef Ringnes. Nach 41/2jähriger Abwesenheit lief S. 19. Sept. 1902 in den Hafen von Stavanger ein. Er schrieb: »Neues Land. Vier Jahre in arktischen Gebieten« (deutsche Ausg., Leipz. 1903, 2 Bde.).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.