- Substitution
Substitution (lat.), Stellvertretung, Einsetzung eines Stellvertreters, namentlich seitens eines Prozeßbevollmächtigten, der seine Vollmacht auf einen andern überträgt; Substitutorium, die zur Beurkundung dessen ausgestellte Urkunde. Das Gemeine Recht kannte 1) die Vulgarsubstitution, d. h. die letztwillige Bestimmung, daß jemand Erbe sein soll, wenn der zunächst Ernannte die Erbschaft nicht erwirbt; 2) die Pupillarsubstitution, die letztwillige Bestimmung des Vaters, wer für sein Kind Erbe sein solle, falls dieses nach seinem Tod unmündig sterde; 3) die Quasipupillarsubstitution, die letztwillige Bestimmung eines Aszendenten, wer seinen geisteskranken Deszendenten beerben solle, falls er nach ihm im Zustande der Geisteskrankheit sterben sollte. Das Bürgerliche Gesetzbuch regelt diese Verhältnisse durch Einsetzung eines Ersatzerben (s. d.) oder eines Nacherben (s. d.). Nach österreichischem Recht gibt es außer der gemeinen S., d. h. daß jemand Erbe sein soll, wenn der zunächst ernannte Erbe aus irgendeinem Grund die Erbschaft nicht erwirbt, sogen. Vulgarsubstitution, auch eine fideikommissarische S., der zufolge der Erbe die angetretene Erbschaft nach seinem Tod oder in andern bestimmten Fällen einem zweiten Erben zu überlassen hat, zulässig (§ 608 des Bürgerlichen Gesetzbuches), soweit nicht etwa Pflichtteilsverletzung erfolgt. Sie kann auch als stillschweigende durch Testierungsverbot bezüglich des Geerbten vorkommen. Auch nach österreichischem Recht (§ 617) erlischt die von einem Erblasser seinem Kinde zur Zeit, da es keine Nachkommenschaft hatte, gemachte S., wenn dasselbe erbfähige Nachkommen hinterlassen hat.
In der Mathematik bezeichnet S. ein häufiges Verfahren, das zur Vereinfachung von mathematischen Ausdrücken und Gleichungen dient. Z. B. kann man eine Gleichung zweiten Grades: x2+a1x+a2 = 0 in der Weise vereinfachen, daß man für die Unbekannte x den Ausdruck y+α einsetzt (substituiert), wo y eine neue Unbekannte ist und α eine Zahl, über die man in geeigneter Weise verfügt. Wählt man dann: α = -1/2a1, so erhält die Gleichung die Gestalt: y2 – 1/4a12+a2 = 0 und kann jetzt unmittelbar aufgelöst werden. Namentlich in der Integralrechnung ist das Auffinden geeigneter Substitutionen oder, wie man auch sagt, Transformationen von außerordentlicher Bedeutung. Ersetzt man unter den n Veränderlichen x1,... xn jede einzelne xi durch einen Ausdruck von der Gestalt: ai1 x1+ai2 x2+...+ain xn, wo die aik irgendwelche bestimmte Zahlen sind, so sagt man, man führe eine lineare homogene S. aus. Man nennt diese S. insbes. orthogonal, wenn bei ihr der Ausdruck: x12+x22+...+xn2 ungeändert bleibt. Über die Substitutionen in der Algebra vgl. Substitutionentheorie.
In der Chemie heißt S. oder Metalepsie die Vertretung eines Atoms oder einer Atomgruppe in einer chemischen Verbindung durch ein Äquivalent eines andern Elements oder einer andern Atomgruppe (Substituenten). Bei der Einwirkung von Chlor auf manche organische Verbindungen können ein oder mehrere Atome Wasserstoff in Form von Chlorwasserstoff austreten, während gleichviel Atome Chlor die Stelle des ausgetretenen Wasserstoffes einnehmen. Auf diese Weise entstehen chlorhaltige Verbindungen (Substitutionsprodukte), die, obgleich chlorhaltig, noch den Charakter ihrer Muttersubstanz, aus der sie entstanden sind, besitzen. Behandelt man Essigsäure C2H4O2 mit Chlor, so entstehen der Reihe nach Monochloressigsäure C2H3ClO2, Dichloressigsäure C2H2Cl2O2, Trichloressigsäure C2HCl3O2, und alle diese Säuren zeigen noch den Charakter und die Basizität der Essigsäure. Wie Chlor verhalten sich auch Brom und Jod und gewisse Atomgruppen, wie OH, NO2, NH2, SO2. Je nach dem (chemischen) Orte, den die Substituenten an dem Kohlenstoffkern (s. Kohlenstoff) einer Verbindung einnehmen, unterscheidet man Alpha-(α-)Verbindungen, bei denen der Wasserstoff an einem endständigen Kohlenstoffatom oder in möglichster Nachbarschaft zu gewissen, besonders charakteristischen Atomgruppen des Moleküls ersetzt ist; Beta-(β-)Verbindungen, bei denen die S. an dem dem α-ständigen benachbarten Atom erfolgt ist, etc. So ist:
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.