Substitutionentheorie

Substitutionentheorie

Substitutionentheorie, die Lehre von den Substitutionen und insbes. die von den Gruppen von Substitutionen. Eine Substitution wird auf eine Reihe von Größen (Elementen) ausgeführt, indem man diese Größen untereinander vertauscht, so daß jede der Größen durch eine unter ihnen ersetzt wird. Also ist es z. B. eine Substitution, wenn man die Größen: a, b, c, d der Reihe nach durch: b, c, d, a ersetzt. Auch in dem Falle, wo a, b, c, d der Reihe nach durch a, b, c, d ersetzt werden, wo also gar keine Vertauschung stattfindet, sagt man, man habe eine Substitution ausgeführt, die man die identische nennt. Hat man zwei Substitutionen, so kann man sie in irgendeiner Reihenfolge nacheinander ausführen, und das Ergebnis ist dann wieder eine Substitution. Führt man z. B. zuerst die Substitution aus, bei der a, b, c, d in b, c, d, a übergehen. und dann die, bei der a, b, c, d in b, a, d, c übergehen, so gehen vermöge der zweiten b, c, d, a über in a, d, c, b, und also liefern beide, nacheinander ausgeführt, die Substitution, bei der a, b, c, d der Reihe nach in a, d, c, b übergehen. Kehrt man dagegen die Reihenfolge um und führt zuerst a, b, c, d durch die bisher zweite Substitution in b, a, d, c über und dann a, b, c, d, durch die bisher erste Substitution in b, c, d, a, also b, a, d, c in c, b, a, d, so ist das Ergebnis die Substitution, die a, b, c, d in c, b, a, d überführt. Ist eine Anzahl von Substitutionen vorgelegt und tritt der Fall ein, daß je zwei der vorgelegten Substitutionen, in beliebiger Reihenfolge nacheinander ausgeführt, stets wieder eine Substitution ergeben, die unter den vorgelegten enthalten ist, so sagt man, daß die vorgelegten Substitutionen eine Substitutionengruppe oder kurz eine Gruppe bilden. In diesem Sinne bilden z. B. die vier Substitutionen, bei denen a, b, c, d übergehen in a, b, c, d, in b, a, d, c, in c, d, a, b und in d, c, b, a, eine Gruppe. Die Theorie der Substitutionengruppen ist durch Galois (s. d.) von der höchsten Bedeutung für die Lehre von den algebraischen Gleichungen geworden, eigentlich erst durch sie gewinnt man einen klaren Einblick in die Frage nach der Auflösbarkeit solcher Gleichungen. Der Begriff der Gruppe ist aber seitdem außerordentlich erweitert worden, namentlich durch Lie (s. d. 2), der neben den Substitutionengruppen die sogen. kontinuierlichen Gruppen eingeführt hat, und es hat sich überhaupt herausgestellt, daß der Gruppenbegriff einen großen Teil der ganzen Mathematik beherrscht. Über die Substitutionengruppen vgl. Jordan, Traité des substitutions (Par. 1870); Netto, Substitutionentheorie (Leipz. 1882); H. Weber, Lehrbuch der Algebra, Bd. 1 (2. Aufl., Braunschw. 1899).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Eugen Netto — Eugen Otto Erwin Netto (* 30. Juni 1848 in Halle; † 13. Mai 1919 in Gießen) war ein deutscher Mathematiker, der sich mit Kombinatorik und Gruppentheorie beschäftigte. Leben und Wirken Nettos Vater war an den Francke schen Stiftungen in Halle… …   Deutsch Wikipedia

  • Symmetric group — Not to be confused with Symmetry group. A Cayley graph of the symmetric group S4 …   Wikipedia

  • Frobenĭus — Frobenĭus, Georg, Mathematiker, geb. 26. Okt. 1849 in Berlin, wo er seit 1867 studierte, 1871 Realschullehrer und 1874 außerordentlicher Professor an der Universität wurde; 1875 ging er als ordentlicher Professor an das Polytechnikum nach Zürich… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Gleichung — Gleichung, die mathematische Bezeichnung für die Aussage, daß zwei Größen, etwa A und B, einander gleich sind, daß also jede von ihnen die andre ersetzen kann, in Zeichen: A = B. Man nennt A und B die beiden Seiten der G., und wenn A und B aus… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Gruppentheorie — Gruppentheorie, der Zweig der neuern Mathematik, der sich mit den Eigenschaften der Gruppen und mit der Bestimmung aller möglichen Gruppen beschäftigt. Die einfachsten Gruppen sind die Substitutionengruppen (s. Substitutionentheorie), zu deren… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Netto [2] — Netto, Eugen, Mathematiker, geb. 30. Juni 1846 in Halle, studierte in Berlin, wurde 1872 Gymnasiallehrer daselbst, 1879 außerordentlicher Professor der Mathematik in Straßburg, 1882 in Berlin, 1888 Ordinarius in Gießen. Sein Hauptarbeitsgebiet… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Operation — (lat.), soviel wie Handlung im allgemeinen; man spricht von merkantilen, finanziellen, strategischen, militärischen etc. Operationen (s. unten). In der Mathematik heißt O. jede Tätigkeit, die mit mathematischen Gebilden oder Begriffen, sie seien… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Permutation — (lat.), Vertauschung, Versetzung; in der Mathematik versteht man unter P. erstens jede Veränderung der Reihenfolge einer bestimmten Anzahl gegebener Dinge (Elemente), also die Tätigkeit (Operation), bei der jedes der gegebenen Elemente durch… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Substitution — (lat.), Stellvertretung, Einsetzung eines Stellvertreters, namentlich seitens eines Prozeßbevollmächtigten, der seine Vollmacht auf einen andern überträgt; Substitutorium, die zur Beurkundung dessen ausgestellte Urkunde. Das Gemeine Recht kannte… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Transformation — (lat., »Umgestaltung«), in der Mathematik zunächst soviel wie Substitution (s. d.), dann aber auch jedes Verfahren, durch das aus gegebenen Figuren neue Figuren von andrer Lage und andrer Gestalt abgeleitet werden. Eine T. in diesem Sinn erhält… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”