- Ablehnung
Ablehnung der Übernahme einer amtlichen Tätigkeit, z. B. der einer Vormundschaft oder der Tätigkeit eines Geschwornen oder Schöffen, darf regelmäßig nur aus bestimmten gesetzlichen Gründen erfolgen (s. Vormundschaft, Schöffengericht, Schwurgericht). Von dieser Selbstablehnung ist verschieden die A. einer Gerichtsperson oder eines Sachverständigen durch die Parteien. Unter A. eines Richters versteht man nach der deutschen Zivilprozeßordnung (§ 42–49) den Antrag einer Partei, nach dem der betreffende Richter in einem bestimmten Rechtsstreite nicht tätig sein soll. Die A., über die vom Gericht zu entscheiden ist, darf erfolgen, wenn ein Fall der Ausschließung (s. d.) oder wenn die Besorgnis der Befangenheit, d.h. ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Das Ablehnungsrecht steht in jedem Falle beiden Parteien zu. darf aber nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Partei sich trotz des ihr bekannten Ablehnungsgrundes in eine Verhandlung vor dem Richter eingelassen oder bei ihm Anträge gestellt hat. Der abgelehnte Richter hat vor Erledigung des Ablehnungsgesuches nur Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten. Die Vorschriften über die A. des Richters finden nach § 49 auch auf die des Gerichtsschreibers entsprechende Anwendung. In Österreich ist die A. der Gerichtspersonen im Gesetz, betreffend die Gerichtsbarkeit und Zuständigkeit vom 1. Aug. 1895 (§ 19 ff.), geregelt. – A. eines Sachverständigen (s. d.) kann nach der deutschen Zivilprozeßordnung (§ 406) aus denselben Gründen erfolgen, die zur A. eines Richters berechtigen. Daß der Sachverständige im Prozeß als Zeuge vernommen wurde, ist jedoch kein Ablehnungsgrund. – Zu den in § 22 der Bürgerlichen Strafprozeßordnung für die Ausschließung und A. von Gerichtspersonen aufgestellten Gründen (vgl. auch § 41 ff. der Zivilprozeßordnung) fügen § 122 und 124 der Militärstrafgerichtsordnung hinzu, daß auch, wer in der Sache als Gerichtsherr, als Untersuchungsführer im Ermittelungsverfahren, als Vertreter der Anklage oder als Verteidiger tätig gewesen ist oder als Vorgesetzter den Tatbericht eingereicht hat, von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist und abgelehnt werden kann. Vgl. auch Militärstrafgerichtsbarkeit.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.