- Sorel [2]
Sorel, 1) (Soreau) Agnes, die Geliebte König Karls VII. von Frankreich, geb. um 1409 zu Fromenteau in Touraine von adligen Eltern, gest. 9. Febr. 1450 im Schloß Masmal-la-Belle, kam als Ehrendame der Herzogin von Anjou, Isabella von Lothringen, 1431 (also erst nach dem Tode der Jungfrau von Orléans) an den französischen Hof und fesselte durch Schönheit und Geist den König so, daß er sie zur Ehrendame der Königin ernannte und ihr das Schloß Beauté an der Marne schenkte, daher ihr Name Dame de Beauté. Sie bekämpfte unwürdige Günstlinge, beförderte verdiente Männer in die höchsten Stellungen und erhöhte die Tatkraft Karls. So gewann sie die Achtung selbst der Königin. Sie hinterließ dem König drei Töchter. Vgl. Steenackers, Agnes S. et Charles VII (Par. 1868).
2) Charles, Sieur de Souvigny, franz. Romanschreiber, geb. 1602 in Paris, gest. daselbst 7. März 1674. Als Neffe und Nachfolger des Historiographen Charles Bernard verfaßte er zunächst historische Werke, errang jedoch weit größern Erfolg durch seine Romane. Der eine, »Histoire comique de Francion«, erschien 1622 (in definitiver Gestalt erst 1641, Ausgabe von Colombet 1858). Er war den spanischen Schelmenromanen nachgeahmt und persiflierte berühmte Zeitgenossen, z. B. Balzac unter der Maske des Pedanten Hortensius. Er enthält auch den ersten Angriff auf das Preziösentum und hat auf Molière starken Einfluß geübt. »Francion« erlebte in kurzer Zeit 60 Auflagen, wurde im deutschen »Simplizissimus« nachgeahmt und brachte dem Verfasser großen Ruhm ein, scheint jedoch die Veranlassung gegeben zu haben, daß er seiner Stellung entsetzt wurde. Sein »Berger extravagant ou l'Antiroman« (1627) ist die beste Nachahmung des »Don Quixote«, eine Satire auf die Schäferdichtung. Thomas Corneille hat ihn unter gleichem Titel für die Bühne bearbeitet. S. suchte darauf in dem unvollendet gebliebenen »Polyandre« das Beispiel eines guten Realromans zu geben. Vgl. E. Roy, La vie et les œuvres de Charles S. (Par. 1891).
3) Albert, franz. Schriftsteller, geb. 13. Aug. 1842 in Honfleur (Calvados), gest. 29. Juni 1906 in Paris, war 1866 im Auswärtigen Ministerium angestellt, begleitete 1870 die Delegation nach Tours und Bordeaux, ward 1872 Professor der diplomatischen Geschichte in Paris, 1876 Generalsekretär des Präsidiums des Senats und 1896 Mitglied der Akademie. Außer den Romanen: »La grande falaise« (1871) und »Le Docteur Egra« (1873) schrieb er die historischen Werke: »Le traité de Paris du 20 nov. 1815« (1873); »Histoire diplomatique de la guerre francoallemande« (1875, 2 Bde.); »La question d'Orient an XVIII. siècle« (1878, 2. Aufl. 1889); »Essais d'histoire et de critique« (1882, 2. Aufl. 1894) und »Nouveaux essais, etc.« (1898); »L'Europe et la Révolution française« (1885–1904, 8 Bde.; Bd. 1 in 3. Aufl. 1893); »Montesquieu« (1887, 2. Aufl. 1889; deutsch von Kressner, Berl. 1895); »Madame de Staël« (1890, 3. Aufl. 1901); »Bonaparte et Hoche en 1797« (1896); »Etudes de littérature et d'histoire« (1901) und in Gemeinschaft mit Funck-Brentano: »Précis du droit des gens« (1877, 2. Aufl. 1887).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.