Rubus

Rubus

Rubus L. (Brombeer- und Himbeerstrauch), Gattung der Rosazeen, meist bestachelte, oft klimmende oder kriechende, laubwechselnde oder immergrüne Stauden oder Sträucher mit abwechselnden, einfachen oder gelappten, meist drei- bis fünfzählig oder unpaarig gefiederten Blättern, meist weißen oder rötlichen, selten gelben Blüten, einzeln oder in traubigen oder rispigen Blütenständen und roten, gelben oder schwarzen einsamigen Steinfrüchten, die unter sich mehr oder minder verwachsen sind. Zahlreiche, über die ganze Erde zerstreute Arten, besonders im Waldgebiet der nördlichen gemäßigten Zone und in den Hochgebirgen des tropischen Amerika. R. Idaeus L. (echter Himbeerstrauch, Hindbeere, Hombeere, Hohlbeere, Himbesing, benannt nach dem Vorkommen auf dem Berge Ida auf Kreta), ein 0,62 m hoher Strauch mit aufrechtem, zweijährigem, im ersten Jahr krautigem, später verholzendem, etwas dornigem oder unbewehrtem Stamm, gestielten, drei- bis siebenzählig gefiederten, an den blühbaren Trieben gedreiten, unterseits zart weißfilzigen Blättern, in wenig- bis zwei- oder einblütigen, schlaffen, sein behaarten und stachelborstigen Rispen stehenden weißen Blüten und samtartig kurzfilzigen, roten (in Gärten auch gelben bis gelblichweißen), sehr aromatischen Früchten, wächst in Waldungen der ganzen kühlern gemäßigten Zone und wird in mehreren Varietäten kultiviert. Er verlangt nahrhaften, lockern Boden, einen geschützten, sonnigen Standort, wird durch Wurzelschößlinge oder Ausläufer vermehrt, indem man die einjährigen, bis auf einige Augen zurückgeschnittenen Schößlinge in Reihen von 1,3 m Abstand und im Abstand von 1 m untereinander einzeln verpflanzt, und bei 1–1,5 m Höhe fächerförmig an ausgespannte Drähte gebunden. Im folgenden Frühjahr schneidet man die im Vorjahr entwickelten Schößlinge bis zu dem obersten gut ausgebildeten Auge zurück. Die im Laufe des Sommers fruchttragenden Schößlinge werden im Herbst ausgebrochen. Nach je sechs Jahren ersetzt man die Pflanzung durch eine neue. Reichliche Düngung und fleißige Bewässerung erhöhen den Ertrag wesentlich. Empfehlenswerte Sorten sind: Gornet, Fastolsf, Herrenhäuser Königshimbeere, rote und gelbe Antwerpener, Brinckles Orange und von den remontierenden, die schon im Spätsommer oder im Herbst an den Sommertrieben Früchte entwickeln und somit in einem Jahr zwei Ernten geben: rote Merveille, Schöne von Fontenay, Perpetuelle de Billard, neue gelbe Merveille, gezuckerte von Metz und besonders Shaffers Kolossalhimbeere (ohne Ausläufer, mit schwarzroter großer Frucht). Die neuern schwarzfrüchtigen Himbeersträucher sind aus Kreuzungen mit dem amerikanischen R. occidentalis L. hervorgegangen. Eine brombeerartige Himbeere mit sehr effektvoller Frucht kommt als japanische Weinbeere vor. Die Loganbeere, eine wertvolle Bereicherung unsers Beerenobstes, groß, dunkelrot, ist in Kalifornien aus einer Kreuzung der Himbeere mit der Brombeere hervorgegangen. Ebenso die violettpurpurne, viel süßere The Mahdi. Der Himbeerstrauch wird von wenigen Insekten belästigt; im Stengel bohrt die Raupe des Himbeerglasflüglers (Sesia hylaeiformis), die Blüten zerfrißt die Larve des Himbeerstechers (Anthonomus Rubi), in den reisen Früchten lebt die Larve des Himbeerkäfers (Byturus tomentosus). Die Früchte (s. Tafel »Beerenobst«, Fig. 5 u. 6) enthalten:

Tabelle

Sie werden eingemacht und zu Sirup verarbeitet; auch bereitet man Himbeerwein, Himbeeressig und durch Destillation der Himbeerpreßlinge mit Wasser ein früher offizinelles Himbeerwasser. In den Bergländern des nördlichen Südamerika wird statt der Himbeere R. glaucus Benth. gebaut. R. Chamaemorus L. (Multebeere, Torfbeere, Schellbeere, Sumpfbrombeere, Zwergmaulbeere) ist krautartig, mit 16–20 cm langem, aufrechtem Stengel, gelappten Blättern, ansehnlichen weißen, einzeln stehenden Blüten und orangeroten Früchten von sehr angenehmem, aber vergänglichem Aroma. Eine Zirkumpolarpflanze der subarktischen Region, bedeckt sie in Lappland ganze Sümpfe, findet sich auch in Pommern, in Westpreußen, im Riesengebirge als Rest der während der Eiszeit in südlichere Breiten reichenden arktischen Vegetation, stellenweise auch in England, reist aber reichliche Früchte erst nördlich vom 68.° Die Beeren werden von den Lappländern in großer Menge eingekocht und als Gemüse und bestes antiskorbutisches Mittel benutzt. Wohlschmeckende, dunkelrote Früchte von angenehmem Geruch, die als die köstlichsten der ganzen Gattung gepriesen werden, hat R. arcticus L. (nordische Himbeere), ein niedriges, krautartiges Gewächs mit dreizähligen Blättern und einzeln stehenden, schön roten Blüten, das in der ganzen subarktischen Zone wächst. R. odoratus L. (wohlriechende Himbeere, Zimtbrombeere), ein zweijähriger, 1,25 m hoher, mit drüsigen Haaren besetzter Strauch mit großen, drei- oder fünflappigen, weich behaarten Blättern und sehr zahlreichen roten Blüten in Ebensträußen, ist ein sehr beliebter Blütenstrauch, blüht den ganzen Sommer hindurch, entwickelt aber nur in der Heimat, Nordamerika, genießbare Früchte. – Die Gruppe der Brombeersträucher, mit mehrjährigem Stengel, fuß- oder fingerförmigen, dreizähligen, selten ganzen Blättern und schwarzen Früchten, umfaßt viele Arten, die wegen ihrer Wandelbarkeit der Systematik große Schwierigkeiten darbieten. Einige, wie der Brombeerstrauch unsrer Äcker (R. caesius L., gemeine Kratzbeere), treiben kurze Blütenzweige an rutenförmigen, kriechenden Stengeln, die hier und da wurzeln und neue kriechende Stengel entwickeln; die größere Anzahl treibt dagegen aufrechte Stengel, die an Stützen emporwachsen oder am obern Teil sich umbiegen und am untern Teil schlanke Zweige entwickeln, die auf der Erde weithin laufen, wurzeln und so eine neue Pflanze bilden. Zu diesen letztern Arten gehört R. fruticosus Hayne, in Europa und dem Orient, der wegen der wohlschmeckenden Früchte häufig in Gärten gezogen wird. Auch andre Arten werden der Früchte halber kultiviert, und am wertvollsten sind die in Amerika gezüchteten großfrüchtigen Sorten, z. B. Dorchester, Lawton (s. Tafel »Beerenobst«, Fig. 7 u. 8). Brombeeren werden als Obst benutzt, auch eingemacht und auf Sirup und Wein verarbeitet, sie enthalten 4,14 Zucker, 0,19 Äpfelsäure, 0,51 Eiweißstoffe, 1,82 Pektin, 5,21 Faser, 0,48 Asche, 86,41 Wasser. Mehrere Arten, wie namentlich der nordamerikanische R. spectabilis Pursh mit purpurroten, einzeln stehenden Blüten, der ostasiatische R. sorbifolius Mac (Erdbeerhimbeere) mit ebereschenartigen Blättern und großen scharlachartigen Früchten, kultiviert man als Zierpflanzen. Vgl. Weihe und Nees v. Esenbeck, Beschreibung der deutschen Brombeerarten (Bonn 1822–27); Kuntze, Methodik der Speziesbeschreibung und R.; Monographie der einfachblätterigen und krautigen Brombeeren (Leipz. 1879); Focke, Synopsis Ruborum Germaniae (Brem. 1877); Krause, Nova synopsis Ruborum Germaniae et virginiae (Saarlouis 1899); Barfuß, Himbeere und Brombeere, Kultur derselben etc. (2. Aufl., Leipz. 1904).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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