- Riehl
Riehl, 1) Wilhelm Heinrich, namhafter kulturhistorischer Schriftsteller, geb. 6. Mai 1823 in Biebrich a. Rh., gest. 16. Nov. 1897 in München, studierte in Marburg, Tübingen, Bonn und Gießen, redigierte seit 1846 mit Giehne die »Karlsruher Zeitung«, begründete dann mit Christ den »Badischen Landtagsboten« und gab, nachdem er zum Mitgliede der deutschen Nationalversammlung gewählt worden, 1848 bis 1851 die konservative »Nassauische allgemeine Zeitung« heraus, während er zugleich mit der musikalischen Leitung des Hoftheaters in Wiesbaden betraut war. Nachdem er 1851–53 bei der Redaktion der Augsburger Allgemeinen Zeitung tätig gewesen, folgte er 1854 einem Ruf als Professor der Staats- und Kameralwissenschaften nach München, wo er 1859 die Professur der Literaturgeschichte übernahm und 1862 Mitglied der Akademie der Wissenschaften ward. 1885 wurde er zum Direktor des bayrischen Nationalmuseums ernannt. Er schrieb: »Die Naturgeschichte des Volkes als Grundlage einer deutschen Sozialpolitik«, in 4 Bänden: Band 1: »Land und Leute« (Stuttg. 1853, 10. Aufl. 1899), Band 2: »Die bürgerliche Gesellschaft« (1851, 9. Aufl. 1897), Band 3: »Die Familie« (1855, 12. Aufl. 1904; Band 1–3 auch in Schulausgaben von Th. Matthias, Stuttg. 1895 bis 1896), Band 4: »Wanderbuch« (1869, 4. Aufl. 1903); »Die Pfälzer« (das. 1857, 2. Aufl. 1858); »Kulturstudien aus drei Jahrhunderten« (das. 1859, 6. Aufl. 1903); »Die deutsche Arbeit« (das. 1861, 3. Aufl. 1884); »Musikalische Charakterköpfe« (das. 1853–77, 3 Bde.; Band 1 u. 2 in 8. u. 7. Aufl. 1899); »Kulturgeschichtliche Novellen« (das. 1856, 5. Aufl. 1902); »Geschichten aus alter Zeit« (das. 1863–65, 2 Bde., u. ö.); »Neues Novellenbuch« (das. 1867, 3. Aufl. 1900); »Aus der Ecke, neue Novellen« (Bielef. 1875; 4. Aufl., Stuttg. 1898); »Am Feierabend«, 6 neue Novellen (Stuttg. 1880, 4. Aufl. 1902); »Lebensrätsel«, 5 Novellen (das. 1888, 4. Aufl. 1906), die letztern 6 Werke auch gesammelt als »Geschichten und Novellen« (das. 1898–1900, 7 Bde.); »Freie Vorträge« (das. 1873, 2. Sammlung 1885); »Kulturgeschichtliche Charakterköpfe, aus der Erinnerung gezeichnet« (das. 1891, 3. Aufl. 1899); »Religiöse Studien eines Weltkindes« (das. 1894, 5. Aufl. 1900) und eine Reihe kulturgeschichtlicher Abhandlungen in den Denkschriften der Münchener Akademie und der Augsburger Allgemeinen Zeitung. Auch veröffentlichte er zwei Hefte Liederkompositionen u. d. T.: »Hausmusik« (Stuttg. 1856, 2. Aufl. 1859) und »Neue Lieder für das Haus« (Leipz. 1877). Unter Riehls Leitung erschien 1859–67 die »Bavaria«, eine umfassende geographisch-ethnographische Schilderung Bayerns in 5 Bänden. 1870–79 gab er das von Raumer begründete »Historische Taschenbuch« heraus. Nach seinem Tod erschien noch sein (einziger) Roman: »Ein ganzer Mann« (Stuttg. 1897, 4. Aufl. 1898). Vgl. Simonsfeld, Wilh. Heinr. R. als Kulturhistoriker (Münch. 1898). – Seine Tochter Helene machte sich als Landschaftsmalerin bekannt.
2) Aloys, philosoph. Schriftsteller, geb. 27. April 1844 zu Bozen in Tirol, studierte in Wien, Innsbruck und München, habilitierte sich als Privatdozent der Philosophie 1870 in Graz, wurde 1873 außerordentlicher, 1878 ordentlicher Professor der Philosophie daselbst und folgte 1882 einem Ruf in gleicher Eigenschaft an die Universität zu Freiburg i. Br., 1896 einem solchen nach Kiel, 1898 nach Halle und 1905 nach Berlin. Seine Hauptschriften, in denen er einen die wissenschaftliche Philosophie auf die Erkenntnislehre beschränkenden, dem Positivismus nahestehenden Kritizismus vertritt, sind: »Der philosophische Kritizismus und seine Bedeutung für die positive Wissenschaft« (Leipz. 1876–87, 2 Bde.); »Über wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Philosophie« (Freiburg u. Tübing. 1883); »Friedr. Nietzsche, der Künstler und der Denker« (Stuttg 1897, 3. Aufl. 1901); »Zur Einführung in die Philosophie der Gegenwart« (Leipz. 1903, 2. Aufl. 1904).
3) Berthold, Kunsthistoriker, Sohn von R. 1), geb. 10. Juni 1858 in München, studierte hier und in Wien, habilitierte sich 1884 als Privatdozent an der Münchener Universität, war seit 1887 zugleich als Dozent an der Akademie der bildenden Künste tätig, wurde 1890 zum außerordentlichen und 1906 zum ordentlichen Professor der Kunstgeschichte ernannt. Er schrieb: »Geschichte der Sittenbilder in der deutschen Kunst bis zum Tod P. Brueghels des Ältern« (Stuttg. 1884); »Denkmale frühmittelalterlicher Baukunst in Bayern etc.« (Münch. 1888); »Deutsche und italienische Kunstcharaktere« (Frankf. 1892); »Studien zur Geschichte der bayrischen Malerei des 15. Jahrhunderts« (Münch. 1895); »Die Kunst an der Brennerstraße« (Leipz. 1898); »Von Dürer zu Rubens« (Münch. 1900); »Augsburg« (Bd. 22 der »Berühmten Kunststätten«, Leipz. 1903); »Geschichte der Stein- und Holzplastik in Oberbayern«, »Die Münchener Plastik in der Wende vom Mittelalter zur Renaissance« (in den »Abhandlungen der Bayrischen Akademie der Wissenschaften«; Sonderausg. 1902 u. 1904) u. a.; mit G. v. Bezold u. a. gibt er heraus: »Die Kunstdenkmale des Regierungsbezirks Oberbayern« (Münch. 1892 ff.).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.