Reichskammergericht

Reichskammergericht

Reichskammergericht, im ehemaligen Deutschen Reiche neben dem Reichshofrat das höchste Gericht, das 1495 von Kaiser Maximilian I. zunächst für Landfriedensbruchsachen eingesetzt ward. Dasselbe bestand aus dem vom Kaiser ernannten Kammerrichter fürstlicher oder gräflicher Abkunft als Vorsitzendem, zwei Kammerpräsidenten, die ebenfalls vom Kaiser ernannt, und aus den Reichskammergerichtsassessoren, die vom Kaiser, den Kurfürsten und Kreisen nach bestimmtem Verhältnis gewählt wurden. Ihre Zahl war im Westfälischen Frieden auf 50 festgesetzt, doch war wegen Geldmangels diese Zahl nie voll; ein Reichsbeschluß von 1719 setzte sie auf 25 herab, und selbst diese Zahl wurde erst seit 1782 wirklich eingehalten. Dazu kamen außer dem Kanzleipersonal 30 Reichskammergerichtsprokuratoren und 12 Reichskammergerichtsadvokaten. Der Sitz des Gerichts war anfangs in Frankfurt, seit 1693 aber, nach manchem Wechsel, in Wetzlar. Unterhalten wurde das R. von gewissen Abgaben der Reichsstände, den sogen. Kammerzielern, die aber sehr unregelmäßig eingingen, und durch Sporteln. Das R. urteilte über alle Rechtssachen der Reichsunmittelbaren, war zugleich höchste Instanz in Zivilsachen für die Reichsmittelbaren, sofern es nicht durch die Privilegien de non appellando verschiedener Reichsstände, namentlich der Kurfürsten, beschränkt war, und nahm Beschwerden über verweigerte oder verzögerte Justiz und in Kriminalsachen auch wegen Nichtigkeit an. Endlich konnten auch die Untertanen gegen den Landesherrn und gegen beschwerende Regierungsmaßregeln die Hilfe des Reichskammergerichts in Anspruch nehmen. Der Geschäftsgang war in den Reichskammergerichtsordnungen von 1495 und 1555 vorgeschrieben. Die neue, 1613 dem Reichstag vorgelegte Ordnung blieb Entwurf, ist aber für die Entwickelung des deutschen Zivilprozeßrechts immerhin von Wichtigkeit gewesen. Bei aller Langsamkeit und Unzulänglichkeit seiner Rechtsprechung hat das R. doch zur Erhaltung der deutschen Rechtseinheit beigetragen, bis es mit der Auflösung des Reiches 1806 sein Ende erreichte. Soweit die Akten des Reichskammergerichts nicht unter die einzelnen Staaten verteilt wurden, sind sie in Wetzlar geblieben. S. auch Hofgericht und Reichshofrat. Vgl. G. H. v. Berg, Grundriß der reichsgerichtlichen Verfassung und Praxis (Götting. 1797); Endemann, Von dem alten R. (in der »Zeitschrift für deutschen Zivilprozeß«, Bd. 18, S. 165–227, Berl. 1893).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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  • Reichskammergericht — Reichskammergericht, neben dem Reichshofrath (s.d.) das höchste Gericht des ehemaligen Deutschen Reiches. Das R. wurde vom Kaiser Maximilian I. zur Erhaltung des allgemeinen Landfriedens 1495 angeordnet, u. war Anfangs in Frankfurt eingesetzt,… …   Pierer's Universal-Lexikon

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  • Reichskammergericht — Audienz am Reichskammergericht, Kupferstich, 1750 Das Reichskammergericht war seit seiner Gründung im Jahr 1495 unter dem deutschen König und späteren Kaiser Maximilian I. bis zu seiner Auflösung 1806 neben dem Reichshofrat das oberste Gericht… …   Deutsch Wikipedia

  • Reichskammergericht — ▪ court, Holy Roman Empire German“Imperial Chamber of Justice”       supreme court of the Holy Roman Empire. The court was established by Maximilian I in 1495 and survived as the empire s highest court until the empire s dissolution in 1806.… …   Universalium

  • Reichskammergericht — Imperial Chamber Court building in Wetzlar, Germany The Reichskammergericht or Imperial Chamber Court was one of two highest judicial institutions in the Holy Roman Empire, the other one being the Aulic Council (German: Reichshofrat) in Vienna.… …   Wikipedia

  • Reichskammergericht — Chambre impériale 50° 33′ 12″ N 8° 30′ 07″ E / 50.553416, 8.501809 …   Wikipédia en Français

  • Reichskammergericht — Reichs|kam|mer|ge|richt, das <o. Pl.>: oberstes Gericht des Deutschen Reiches von 1495 bis 1806. * * * Reichskammergericht,   das 1495 auf dem Reichstag zu Worms errichtete oberste Gericht des Deutschen Reichs, Nachfolger des königlichen… …   Universal-Lexikon

  • Reichskammergericht, das — Das Reichskammergericht, des es, plur. die e, in dem Deutschen Reiche, eines der zwey höchsten Reichsgerichte, welches den Ständen und deren Unterthanen in gewissen dazu fähigen Umständen Recht spricht, und älter ist, als der Reichshofrath. Daher …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Reichskammergericht — Reichs|kạm|mer|ge|richt, das; [e]s (höchstes deutsches Gericht [1495 bis 1806]) …   Die deutsche Rechtschreibung

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