Postsparkassen

Postsparkassen

Postsparkassen, jedermann zugängliche Einrichtungen der Postverwaltungen zur Annahme, Verzinsung und Zurückzahlung von Sparbeträgen. P. (engl. Post Office Savings Banks) wurden zuerst 1861 in Großbritannien auf Vorschlag von Sykes aus Huddersfield eröffnet. Diesem Beispiele folgten: Belgien (1870), Japan (1875), Italien (1876), Rumänien (1880), die Niederlande (1881), Frankreich (1882), Britisch-Indien (1882), Österreich (1883), Schweden (1884), Ungarn (1886), Kanada (1888), Rußland (hauptsächlich für Finnland), Bulgarien (1896), Niederländisch-Indien (1898), Ägypten (1901) und Kreta (1902). P. bestehen auch in den Staaten des Australischen Bundes und in andern englischen Kolonien. Die P. sollen grundsätzlich zur Betätigung des Sparsinns derjenigen Bevölkerungskreise dienen, die sich außerhalb des Wirkungsbereichs der Sparkassen befinden, in Belgien und Rumänien sind die P. geradezu nur Zweiganstalten der Staatssparkassen. Jedenfalls sollen die P. sich nicht zu Depositenbanken ausbilden oder mit gut verwalteten andern Sparkassen in Wettbewerb treten. Vor den letztern haben die P. den Vorzug, daß ihre Sparstellen, nämlich die Postanstalten, weit zahlreicher und dementsprechend leichter zugänglich sind, daß infolge der wechselseitigen Verbindung aller Postanstalten dem Sparer beim Ortswechsel, was namentlich für die Arbeiterbevölkerung von großer Bedeutung ist, keine Ungelegenheiten erwachsen, und daß der Staat selbst für die Sparbeträge Sicherheit leistet. In der Regel beschränkt sich die Tätigkeit der P. auf das eigne Land. An Bord von englischen, französischen, niederländischen, italienischen und österreichischen Kriegsschiffen befinden sich Zweigstellen der P. (Schiffssparkassen). Einige Zweigstellen der französischen und italienischen P. befinden sich im Auslande; die französischen P. in Alexandria und Tanger sind sogar Angehörigen andrer Nationen zugänglich. Für Italiener vermitteln sämtliche ausländischen Agenturen der Bank von Neapel Sparbeträge an die heimatlichen P. Internationale Abmachungen wegen Übertragung und Auszahlung von Guthaben bestehen zwischen Belgien und Frankreich, Frankreich und Italien, Belgien und den Niederlanden sowie zwischen Österreich und Ungarn. Um auch kleinere Beträge. als die P. annehmen, zu zinstragenden Einlagen anzusammeln und um den Sparsinn anzuregen, wenden die P. besondere Mittel an: 1) Ausgabe von Sparkarten zum Aufkleben von Postfreimarken oder be sondern Sparmarken, was z. B. in Belgien bewirkt hat, daß 7 Proz. aller Einlagen auf Sparkarten angenommen wurden; 2) Einrichtung von Schul- und Fabriksparkassen, die auch die kleinsten Beträge (Sparpfennige) behufs Erwerbung eines Postsparbuches ansammeln, nach Angabe von Laurent in Gent; 3) Beschaffung eines Postsparbuches aus Gemeindemitteln für jedes neugeborne Kind, ein in vielen belgischen Gemeinden übliches Verfahren; 4) Einsammeln von Sparbeträgen durch die Landbriefträger. Zu Einlagen berechtigt sind alle natürlichen Personen ohne Unterschied des Alters, Ge schlechts und Familienstandes, in England z. B. werden sogar Kinder von sieben Jahren an als Erwachsene von den P. angesehen. Als Mindesteinlage ist gewöhnlich der Wert der Münzeinheit (1 Schilling, 1 Frank etc.) festgesetzt; der Höchstbetrag der Einlage schwankt, je nachdem es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Landes gestatten, die angesammelten Kapitalien nutzbringend und sicher anzulegen, zwischen 1000 Kronen (1125 Mk.) in Schweden und 200 Pfd. Sterl. (rund 4000 Mk.) in England. Wohltätigkeitsanstalten u. dgl. dürfen meist höhere Beträge einlegen. Die niederländischen P. nehmen Beträge bis zu jeder Höhe an, verzinsen sie indes nur bis zu 1200 Gulden. Der Zinsfuß ist gesetzlich, z. B. in England auf 21/2 Proz., oder er wird im Verwaltungswege jährlich festgesetzt. Die Verzinsung beginnt mit dem auf die Einzahlung folgenden 1. Monatstag (England), mitunter auch noch mit dem 16. Monatstag (Österreich). Nach Überschreitung des zulässigen Höchstbetrags kaufen die P. gegen geringe Vergütung auf Antrag oder auch von Amts wegen Staatspapiere, die nach Wunsch ausgehändigt oder aufbewahrt oder (England) an die Bank von Eng land übertragen werden. Mit der englischen Postsparkasse ist eine Renten- und Lebensversicherung verbunden; die Prämien können vom Sparguthaben abgeschrieben werden. Die italienischen P. übertragen auch Staatslotteriegewinne auf Sparbücher und verwalten gerichtlich niederzulegende Gelder ohne Verzinsung. Die bei den P. entbehrlichen Gelder werden in England, Österreich und Ungarn nur in Staatsschuldverschreibungen und in diesen gleichwertigen Papieren angelegt, oder, in Frankreich durch die Caisse des dépots et consignations, auch in sonstigen sichern Börsenpapieren angelegt sowie auf Kontokurrent beim Staatsschatz und der Bank von Frankreich untergebracht; in Belgien werden diese Gelder vollständig bankmäßig verwertet, unter anderm auch zur Eskomptierung von Wechseln und Lombardierung von Effekten sowie zu Darlehen an ländliche Kreditgenossenschaften und für den Bau von Arbeiterwohnungen. Zu den letztern beiden Zwecken werden in Frankreich nur Reservefonds der P. verwendet. Im Deutschen Reich ist die Einrichtung von P. 1885 am Widerstande des Reichstags gescheitert. Die Verwendung der Spargelder in andern Staaten zu Wohlfahrtseinrichtungen findet in Deutschland ein Gegenstück in der Nutzbarmachung der Kapitalien aus der Invalidenversicherung für den Bau von Arbeiterwohnungen. Der Bestand an deutschen Sparern und an deren Guthaben in städtischen etc. Sparkassen ist größer als derjenige aller englischen oder französischen Sparkassen einschließlich der P. Trotzdem ist vom volkswirtschaftlichen Standpunkt aus die Einrichtung von P. in Deutschland erwünscht. England hat gegen 9 Mill., Frankreich und Italien je gegen 4 Mill. umlaufende Postsparbücher. Die P. haben sich überall segensreich entwickelt, als Beispiel diene Österreich: Ende 1883: 1,8 Mill. Einzahlungen mit 15,8 Mill. Kronen und 0,18 Mill. Auszahlungen mit 7,7 Mill. Kr.; dagegen Ende 19043,2 Mill. Einzahlungen mit 131 Mill. Kr. und 1,5 Mill. Auszahlungen mit 114,8 Mill. Kr.; 1,8 Mill umlaufende Postsparbücher mit 196,7 Mill. Kr. Guthaben, auf 1000 Bewohner entfielen 67 Sparer, das Postsparkassenamt in Wien beschäftigte 2051 Beamte etc., der reine, an die Staatskasse abgeführte Überschuß betrug 5,3 Mill. Kr. Von 1883–1904 wurden für 173,5 Mill. Kr. Effekten (Staatspapiere) mittels Sparguthaben angekauft. Vgl. Fischer, Die englischen P. (»Jahrbücher für Nationalökonomie«, 1871); Malarce, Étude de législation comparée sur les caisses d'épargne par les postesen Angleterre,en Belgique etc. (Par. 1880); Elster, Die P. (Jena 1881); Michael, Sparkassen und Checkverkehr (Berl. 1892); Zetzsch, Überblick über die P. (im »Archiv für Post und Telegraphie«, das. 1903); Leth, Die P. und der Postscheckverkehr in Österreich (in der Zeitschrift »Das Recht«, 1904); Webersik, Weltpoststatistik (24 Karten, Wien 1898). Gegen die P. in Deutschland: Karl Roscher, P. und Lokalsparkassen (Dresd. 1885); Dullo, Wider die P. (Brandenb. 1884).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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  • Deutsche Postbank — AG Unternehmensform Aktiengesellschaft ISIN …   Deutsch Wikipedia

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